Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Europäische Zentralbank und ihr Präsident Mario Draghi mit ihrem Euro-Rettungsprogramm von 2012 nicht ihre Kompetenzen überschritten haben.

Karlsruhe/Frankfurt - Das Bundesverfassungsgericht gibt nachträglich einem zentralen Baustein der Euro-Rettung seinen Segen - zieht aber klare Leitplanken ein. Die Richter billigten im Grundsatz, dass die Europäische Zentralbank (EZB) klamme Euro-Staaten im Ernstfall durch Staatsanleihenkäufe in großem Stil stützt.

 

Damit dürfte sich die Bundesbank an solchen Maßnahmen beteiligen. Voraussetzung ist aber, dass die EZB sich dabei an bestimmte Regeln hält. Bundestag und Bundesregierung müssen das dauerhaft überwachen und wenn notwendig einschreiten.

Mit dieser Entscheidung schließen sich die deutschen Verfassungshüter in wesentlichen Punkten einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2015 an. Der Senat habe zwar weiterhin Bedenken, sehe sich aber an die Luxemburger Rechtsprechung gebunden, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle in Karlsruhe. Die europäische Rechtsgemeinschaft gehe aus dem Verfahren gestärkt hervor.

Keine Ankündigung der Staatsanleihenkäufe

Mehrere Klagen gegen das sogenannte OMT-Programm (“Outright Monetary Transactions“) sind damit formal gescheitert. Sie richteten sich gegen einen EZB-Beschluss von 2012, der bislang allerdings niemals angewandt wurde.

Allein die Ankündigung der Währungshüter, wenn nötig unbegrenzt Staatsanleihen von Ländern in Finanznot zu kaufen, beruhigte damals auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise die Finanzmärkte. Der Kauf von Staatsanleihen senkt indirekt die Zinslast eines Landes und hält es so zahlungsfähig.

Umstritten war, ob die EZB eigenmächtig solche Risiken für den Steuerzahler eingehen und direkt in nationale Haushalte eingreifen durfte. Die Verfassungsrichter hatten Anfang 2014 schwerwiegende Bedenken geäußert, vorab aber den EuGH entscheiden lassen. Der Luxemburger Gerichtshof sah in dem Beschluss keinen Verstoß gegen EU-Recht. Auf dieser Grundlage fiel nun das endgültige Urteil.

Damit erlauben die Richter der Bundesbank als größtem EZB-Anteilseigener die Teilnahme - aber nur, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Zum Beispiel dürften etwaige Staatsanleihenkäufe nicht vorab angekündigt werden. Ihr Volumen müsste im Voraus begrenzt sein. Die Verfassungshüter legen außerdem Wert darauf, dass die Schuldtitel nur so lange gehalten werden, wie es für die Stabilisierung des Krisenstaates unbedingt notwendig ist.

Bundesregierung und Bundestag verpflichtet der Richterspruch, die Umsetzung des Programms dauerhaft zu überwachen und bei Verstößen einzugreifen. Dabei müssen sie auch darauf achten, ob einmal gekaufte Anleihen später noch zu einem Risiko für den Bundeshaushalt werden.

Geklagt hatten unter anderen der frühere CSU-Vize Peter Gauweiler, der Verein „Mehr Demokratie“ mit Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und die Linksfraktion im Bundestag.

Auf die aktuellen Anleihenkäufe der EZB ist das Urteil nicht übertragbar. Um die Konjunktur anzukurbeln, steckt die Notenbank seit März 2015 viele Milliarden Euro in Staats- und Unternehmensanleihen (“Quantitative Easing“, QE). Auch dagegen gibt es Verfassungsklagen.