Der Karlsruher Gemeinderat halbiert die Zuschüsse für die bekannte Keramikmanufaktur. Die traditionsreiche Majolika stirbt in Raten.

Karlsruhe - So mancher ältere Karlsruher besitzt einen Wandteller oder eine handbemalte Figur der Keramikmanufaktur Majolika. Die Traditionsmarke, als ehemals staatliche Kunstschmiede noch unter dem badischen Großherzog Friedrich ins Leben gerufen, scheint bei Jüngeren eher zu einem Auslaufmodell geworden zu sein. Der mögliche Einstieg eines Investors aus der Ortenau, vor beinahe zwei Jahren mit großem Tamtam präsentiert, entwickelt sich derweil zu einer unwürdigen Hängepartie.

 

In der jüngsten Gemeinderatssitzung war die Majolika, die nur wenige Meter nördlich des Karlsruher Schlosses im Hardtwald seit jeher ihre Betriebsstätten hat, ganz oben auf der Tagesordnung. Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) wurde aus einer vorangegangenen nicht öffentlichen Sitzung zitiert mit den Worten: „Wir müssen wissen, was es uns wert ist.“ Und doch ließ die Stadtspitze den jährlichen Zuschuss für die Manufaktur halbieren – als Wegmarke für die herannahenden Haushaltsberatungen. 150 000 Euro soll es pro Jahr künftig nur noch geben, anstelle bisher stolzer 300 000 Euro. Noch im 114. Jahr des Bestehens hatte die Keramikmanufaktur Majolika bekannt gegeben, die Produktion einstellen zu müssen – das war im Jahr 2014. Zwei Drittel der Belegschaft sind damals entlassen worden, letztlich wurden nur noch die Bestände verwaltet, und die Ateliers wurden den Künstlern geöffnet.

Es braucht Konzepte für die Zukunft

Die Vorlage in der Sitzung des Karlsruher Gemeinderats wurde nun – bei nur drei Gegenstimmen – mit großer Mehrheit angenommen. Die Stadträtinnen und Stadträte wollen damit Druck ausüben auf den Betrieb. Es sollen schlüssige und vor allem mit konkreten Zahlen hinterlegte Konzepte vorgelegt werden. Erst vor wenigen Monaten wurde vom Stiftungsrat der Majolika, der nach dem Ausscheiden des einstigen Betreibers der Landesbank Baden-Württemberg eingerichtet wurde, ein neuer Geschäftsführer bestellt. Von ihm hatte sich so mancher viele neue Ideen und Impulse erhofft. Doch nicht nur der besagte Stiftungsrat, im Ehrenamt angeführt von einem ehemaligen Karlsruher Buchverleger und einem früheren Vorstand der Badischen Beamtenbank, erweist sich immer mehr als Bremser. Auch die stärkste Fraktion im Gemeinderat, die 15 Köpfe zählenden Grünen, zeigt sich als bewahrende Kraft, die nur ja nicht „zu viel Trubel“ in das idyllisch gelegene Areal holen will.

In den Werkstätten am Ahaweg am Rande des Hardtwaldes sei ein erheblicher Teil der Kulturgeschichte der Stadt Karlsruhe geschrieben worden, wie Kenner behaupten. Hier gab es die Entwürfe zum Bambi, dem Rehkitz, das später in vergoldeter Form jedes Jahr dutzendweise als Medienpreis vergeben wurde. Hier wurde in Blütezeiten die Innenausstattung der opulenten Villa Hügel der Krupp-Dynastie in Essen entworfen, hier entstanden viele Werke des Berliner Designers Luigi Colani. Aber das ist lange her. Derzeit arbeitet der Maler Markus Lüpertz in den Ateliers an Keramikreliefs für die Karlsruher U-Bahn.

Die Verhandlungen mit der Zeller Keramikmanufaktur

Einige Jahre nach dem Produktionsstopp kam die Kaufofferte der Keramikmanufaktur aus Zell am Harmersbach (Ortenaukreis) scheinbar wie gerufen. Der Inhaber der Zeller Manufaktur, Ralf Müller, dessen Haus mit dem Hahn-und-Henne-Motiv für Gebrauchsgeschirr bekannt geworden ist, würde gerne Teile seiner Produktionsstätten auslagern, und zwar nach Karlsruhe. Doch die Verhandlungen stocken seit Langem. Müller hatte angekündigt, für die Öffentlichkeit eine gläserne Produktionsstätte zu schaffen und zudem Publikum mit dem roten Doppeldeckerbus der städtischen Touristiker in den Hardtwald zu locken. Die Errichtung eines Produktionsstandorts für die Zeller Manufaktur auf dem Areal würde aber auch zusätzlichen Verkehr auf dem engen Sträßchen bedeuten.

Mit der jetzt beschlossenen Halbierung des jährlichen Zuschusses soll der Druck auf den Stiftungsrat und die neue Geschäftsführung weiter erhöht werden. Denn bisher sind es wohl vor allem die Traditionalisten, etwa diejenigen, die an dem 1936 in den Werkstätten der Majolika entworfenen Bambi hängen, die sich einer Öffnung zur Moderne verschließen. Viele der Keramikprodukte, die in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten entstanden sind, werden gelagert – sie gelten für heutiges Publikum zudem als vollkommen überteuert.

Es wird kommen, wie es manche wohl schon erwartet haben: Die Majolika stirbt einen Tod auf Raten. Die zweite, einstmals ebenfalls staatliche, derartige Kunstschmiede im Land, die Porzellanmanufaktur Ludwigsburg, machte 2016 endgültig die Pforten dicht. 1758 als „Herzoglich-ächte Porcelaine-Fabrique“ von Herzog Carl Eugen gegründet, gab es nach 2004 mehrere Rettungsversuche – die aber alle gescheitert sind.