Je größer die Herausforderung sei, „umso mehr macht es mir Spaß“. Wenn man jemanden diesen Satz abnimmt, dann Karolina Kudlacz-Gloc. Die Rückraumspielerin von Handball-Bundesligist HB Ludwigsburg ist 40 Jahre alt, zweifache Mama der Söhne Jakub (7 Jahre) und Luka (vier Monate) und spielt immer noch – oder nach ihrer Babypause genauer gesagt wieder – auf allerhöchstem Niveau.
Start gegen Frisch Auf
Am Mittwoch (19 Uhr/MHP-Arena Ludwigsburg) starten gegen Frisch Auf Göppingen die Play-offs um die deutsche Meisterschaft, das zweite Spiel geht am 30. April (19 Uhr) in der EWS-Arena über die Bühne. Dazwischen steigt das Champions-League-Viertelfinale: Am Karsamstag (19. April, 16 Uhr/daheim) und am 26. April (18 Uhr/auswärts) gegen den ungarischen Titelverteidiger ETO KC Györ.
Ein Hammerprogramm. Und die polnische Rückraumspielerin ist mittendrin. Wie sie das in ihrem reifen Handballprofi-Alter hinbekommt? „Es ist schon eine Riesenarbeit, die ich dafür seit vielen Jahren für meine Entwicklung in meinen Körper und die Regeneration investierte“, sagt die Rechtshänderin. Während der Coronazeit zog sie Baumstämme durch die Wälder, inzwischen stemmt sie die Gewichte wieder im Kraftraum oder schiebt daheim Zusatzschichten auf der Gymnastikmatte.
Keine Frau für halbe Sachen
Hinzu kommt die mentale Stärke der Diplom-Psychologin und ihr unbändiger Ehrgeiz. „Ich wurde zu nichts gezwungen“, stellt sie klar, „keiner in meiner Familie war Sportler, aber ich wollte schon immer die Beste sein, in allen Bereichen, auch in der Schule.“ Die 197-fache Nationalspielerin ist keine Frau für halbe Sachen. Sie ist auch nicht der Typ, der irgendetwas auf morgen verschiebt: „Ich erwarte von mir ganz, ganz viel. Aber das erwarte ich auch von den Menschen in meinem Umfeld.“
Bei ihr verhält es sich wie bei einem edlen Tropfen Rotwein: Je älter, desto besser. Wenn sie die Ärmel hochkrempelt und ihr Trikot während des Spiels zum Muskelshirt wird, dann zeigt das ihre Einstellung und die Gegner wissen: Jetzt wird’s ernst. „Mich stört der Stoff, aber es signalisiert auch: Ich bin bereit“, sagt sie zu ihrer Marotte.
Aufsteiger nicht unterschätzen
Karolina Kudlacz-Gloc lässt ihr Herz auf dem Feld. In jedem Spiel. Also mit Sicherheit auch gegen Frisch Auf Göppingen. „Das werden bestimmt keine Aufwärmspiele für die Champions League“, betont sie. „Play-offs sind Play-offs – das ist mit dem normalen Ligabetrieb nicht vergleichbar.“ Dass ihr Team aber gegen den Aufsteiger haushoher Favorit ist, ändert daran nichts.
Außenseiter gegen Györ
Auch in der Königsklasse sind die Rollen klar verteilt. Dort ist das Team von Trainer Jakob Vestergaard klarer Außenseiter. In der Hauptrunde gingen beide Spiele gegen Györ klar verloren (26:31 und 19:32). „Wir brauchen einen Sahnetag, dürfen uns keine schnellen Würfe nehmen und können uns keine dummen Fehler leisten, sonst haben wir keine Chance“, sagt Kudlacz-Gloc. Nur allzu gerne würde sie mit ihrem Team wie im Vorjahr ins Final Four (31. Mai/1. Juni in Budapest) einziehen. Und es im Optimalfall besser machen als damals, als es noch unter dem Vereinsnamen SG BBM Bietigheim im Endspiel gegen Györ ein 24:30 setzte.
Traum vom Titel
Die Krone in der Champions League fehlt Kudlacz-Gloc noch in ihrer Titelsammlung. „Natürlich ist das der größte Traum von mir“, räumt sie offen ein. Ganz nach ihrem Motto: „Je größer die Herausforderung ist, umso mehr macht es mir Spaß.“