Exklusiv Nicht nur beim EnBW-Deal wurde Stefan Mappus von Dirk Notheis beraten. Der Banker gab ihm auch sonst immer wieder Tipps – öfter zu Stuttgart 21. Das belegen neue Mails.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Stefan Mappus wies den Vergleich empört zurück. Er habe beim EnBW-Deal als Marionette seines Bankerfreundes Dirk Notheis agiert? „Absurd“ sei das, schimpfte der Ex-Ministerpräsident, Notheis habe ihn „nie zu etwas gedrängt“. Doch der Eindruck lag nahe: Wortwörtlich hatte der Finanzmanager dem Politiker wiederholt vorgegeben, was er zu sagen habe – etwa in den Verhandlungen mit den Franzosen („Du solltest nach Aufforderung durch mich dann Folgendes ausführen . . .“) oder bei der Pressekonferenz zur Bekanntgabe des Milliardengeschäfts: „Den Deal hätte auch die schwäbische Hausfrau gemacht.“ So sagte er es auch.

 

Nun wird bekannt, dass Notheis’ Einfluss auf Mappus offenbar weit über den EnBW-Deal hinausging. Neue Dokumente lassen ihn als Ratgeber, Coach und Einflüsterer auch bei anderen Themen erscheinen – zum Beispiel beim Bahnprojekt Stuttgart 21. Immer wieder gab der Investmentbanker und langjährige CDU-Landesvorständler seinem Freund aus gemeinsamen Zeiten bei der Jungen Union Tipps, wie er Probleme lösen und politisch punkten könne. Seit Jahren hatte er die Karriere des Pforzheimers nach Kräften gefördert; schon früh lenkte er etwa den Blick der Medien auf den vielversprechenden Nachwuchspolitiker. Auch zu dessen Zeiten als CDU-Fraktionschef pflegten die beiden einen engen Austausch, wie aus seinem einstigen Umfeld verlautet. Als Mappus ganz an die Spitze aufstieg – schneller als selbst von Notheis erwartet, wie er einmal beiläufig erwähnte – , fühlte dieser sich wohl erst recht gefordert.

Mappus soll mit „spannenden Ideen“ auffallen

Die Fürsorge begann schon vor Mappus’ Wahl zum Ministerpräsidenten im Februar 2010. Am 10. Januar erhielt er eine Mail von Notheis mit dem Betreff „Regierungserklärung etc.“. Er werde seinen geplanten Davos-Trip absagen, schrieb der Banker, um ihm bei der Wahl im Landtag zusammen mit seiner Frau von der Tribüne aus die Daumen zu drücken. Zuvor skizzierte er eine Art Erfolgsrezept für den damals 43-Jährigen: Es sei „wichtig, dass Du dich in den ersten 24 Monaten mit spannenden Ideen und Initiativen umtreibst, um das Image des VV der BW AG auch bundesweit aufzubauen“. VV steht für Vorstandsvorsitzender, BW für Baden-Württemberg – ähnlich wie einst Lothar Späth sollte sich Mappus offenbar als quirliger Landesmanager profilieren. „Werde Dir von Zeit zu Zeit etwas zuliefern, ohne Anspruch auf Umsetzung“, versprach Notheis – was ihm eben so einfalle oder auffalle in seinem Beruf, als Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley.

Beigefügt war „wie versprochen ein kurzes Konzept“ für ein wichtiges wirtschaftspolitisches Thema: die Versorgung von Unternehmen mit „Innovations-Kapital“. Mappus könne es für die Regierungserklärung oder andere Zwecke verwenden. „Die neue Landesregierung unter meiner Führung“ werde da künftig „eine Katalysatorfunktion übernehmen“, sollte der Regierungschef sagen. Man werde mit einem „abgestimmten Bündel von Maßnahmen“ dafür sorgen, dass die Welt „nach Baden-Württemberg und nicht auf andere Plätze dieser Erde schaut“. Dazu gehöre auch ein „Business-Angels-Netzwerk“, für das Notheis gleich prominente Vorsitzende empfahl: Hermann Scholl von Bosch oder Berthold Leibinger von Trumpf etwa.