Karstadt im Leo-Center Der letzte Funke Hoffnung ist dahin
Nach der Ankündigung, dass die Leonberger Filiale erneut auf der Schließungsliste steht, sind die Mitarbeitenden überrascht und schockiert. 70 bangen um ihren Arbeitsplatz.
Nach der Ankündigung, dass die Leonberger Filiale erneut auf der Schließungsliste steht, sind die Mitarbeitenden überrascht und schockiert. 70 bangen um ihren Arbeitsplatz.
Drei Insolvenzen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Leonberger Karstadt-Filiale in der Vergangenheit schon überstanden. Zweimal stand das Warenhaus, seit mehr als 50 Jahren Anker-Mieter im Leo-Center, auf der Schließungsliste. Zweimal wurde es von dieser wieder gestrichen. Zuletzt sollte Karstadt Ende Januar dieses Jahres zumachen. Im Juni 2023 war die Entwarnung gekommen. Die Freude währte nur kurz, denn der Konzern Galeria Karstadt Kaufhof meldete erneut Insolvenz an. Zum dritten Mal heißt es in Leonberg: Karstadt schließt – im August soll Schluss sein.
Bundesweit wurde in allen 92 Filialen am vergangenen Samstag um 10 Uhr über Mitarbeiterversammlungen informiert. „Während der Versammlungen blieben die Filialen geschlossen, danach haben wir unsere Leute nach Hause geschickt, das haben sie gebraucht“, sagt Dietmar Weigelt, Betriebsrat bei Karstadt in Leonberg und auch im Gesamtbetriebsrat von Karstadt tätig. Er selbst hatte gehofft, dass Leonberg nicht von der Schließung betroffen sein würde. „Wir waren überrascht, schockiert, erstaunt, sauer, verzweifelt und sehr traurig. Es gab auch einige Tränen. Das war für uns nicht einfach.“
Einige Mitarbeitende seien schon mehr als 40 Jahre im Betrieb, Weigelt selbst ist seit 25 Jahren bei Karstadt. „Viele haben einen großen Teil ihres Berufsleben in der Filiale Leonberg verbracht. Wir sind eine starke Gemeinschaft.“ Deutschlandweit schließt Galeria Karstadt Kaufhof 16 Filialen von insgesamt noch 92 Häusern. Betroffen sind von insgesamt 12 800 Beschäftigten wohl 1400. In Leonberg sind derzeit 70 Mitarbeitende beschäftigt – und deren Arbeitsplätze sind somit in Gefahr. „In den besten Zeiten hatten wir tatsächlich einmal bis zu 300 – aber das ist schon lange her“, sagt Dietmar Weigelt. Ob er noch an eine Wendung glaubt? „Nein, und ehrlich gesagt wollen wir nicht schon wieder eine Hängepartie haben, sondern eine klare Entscheidung, dann können wir uns auch umorientieren.“ Der Gesamtbetriebsrat habe einen Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Insolvenzverwalter verhandelt und abgeschlossen. Der beinhalte auch eine Transfergesellschaft. Die könne jeder nutzen, der betriebsbedingt gekündigt werde.
Erst kürzlich hatte Weigelt betont, wie groß die Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei, diese häufigen Insolvenzen mitmachen zu müssen. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres hätte sich etwa die Hälfte der Belegschaft – darunter langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – schon um einen neuen Job gekümmert. Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz hätten sie unter anderem vom Arbeitsamt bekommen.
Leonbergs Center-Managerin Nadine Fensterer war für ein Statement zur aktuellen Lage nicht zu erreichen, sie sei bis einschließlich 1. Mai außer Haus. Axel Diewald, der ECE-Bereichsleiter Südwest, der unter anderem die Shoppingcenter in Stuttgart (Milaneo und Königsbau Passagen), Karlsruhe oder Frankfurt betreut, hält sich bei einer Anfrage unserer Zeitung bedeckt. „Wir sind weiter mit Galeria in Gesprächen, um die Schließung doch noch zu verhindern, allerdings liegt uns heute noch keine finale Entscheidung seitens Galeria vor“, heißt es in einer knappen schriftlichen Stellungnahme.
In vorigen Gesprächen hatte Axel Diewald allerdings schon mehrfach betont, dass die Hamburger ECE-Gruppe, die europaweit insgesamt 150 Center betreibt, davon knapp 100 in Deutschland, längst an einem Plan B arbeite und Konzepte entwickele, wie es weitergehen kann, wenn Karstadt in Leonberg tatsächlich schließen sollte. Das Leo-Center hat insgesamt 25 000 Quadratmeter Verkaufsfläche, ein Drittel davon nimmt allein Karstadt in Anspruch. Der ECE-Bereichsleiter hatte auch schon angedeutet, dass Verhandlungen mit potenziellen Mietern im Leo-Center sehr komplex seien angesichts der unklaren Situation des Warenhauses, die nun schon seit längerer Zeit andauert. Er hatte auch keinen Hehl daraus gemacht, dass es letztendlich auch um Mietverhandlungen gehe. Schon beim letzten Mal sei die ECE dem Warenhauskonzern entgegengekommen. Und hätte es weitergehen sollen, wäre Karstadt in der Pflicht gewesen, in die Fläche zu investieren. Aus einer Pressemitteilung von Galeria am vergangenen Wochenende war bereits hervorgegangen, dass jede Filiale, die fortgeführt werde, das Potenzial haben müsse, zum jetzigen Zeitpunkt oder auch in absehbarer Zeit die notwendige Profitabilität zu erzielen. Dabei spielte neben den soziodemografischen Rahmenbedingungen der Standorte auch die Miethöhe eine zentrale Rolle, hieß es.
Auch Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn meldet sich nach der angesagten Karstadt-Schließung zu Wort. „Nach der vermeintlichen Rettung der Karstadt-Filiale Leonberg im vergangenen Jahr 2023 finde ich es befremdlich, dass nun wieder die Schließung im Raum steht. Ich habe deshalb bereits Kontakt mit dem baden-württembergischen Wirtschaftsministerium aufgenommen, um Möglichkeiten zu prüfen, wie die Schließung in Leonberg doch noch verhindert werden könnte.“
Darüber hinaus würde er bereits intensive Gespräche mit dem Eigentümer des Leo-Centers führen. „Ich gebe die Hoffnung nicht auf und glaube fest daran, dass wir gemeinsam – insbesondere für die großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Karstadt-Filiale – die Entscheider davon überzeugen können, dass Leonberg ein guter und wirtschaftsstarker Standort für Galeria Karstadt Kaufhof ist und auch bleibt“, meint Cohn.