Die Erlöse aus dem Kartenverkauf steuern zwar im Schnitt nur noch 21 Prozent der Einnahmen eines Fußball-Bundesligisten bei, dennoch ist der Markt hart umkämpft. Und die DFL will ihn nicht freiwillig den Ticketbörsen überlassen.

Stuttgart - Der Termin in der Frankfurter Guiollettstraße  am nächsten Freitag ist seit längerem fix verabredet. Dann kommen in der Zentrale der Deutschen Fußball-Liga (DFL) Geschäftsführer, Ticketmanager und Experten mehrerer Vereine zusammen, um brisante Fragen zu klären. Im Kern geht es darum, wie die Bundesliga den Kampf gegen den ausufernden Schwarzmarkt führen soll. Die Bandagen werden härter, denn die Liga möchte die Spielregeln für den so genannten Zweitmarkt künftig selbst bestimmen. Den Ticketbörsen und -portalen mit ihren teils unverschämten Gewinnmargen soll auf diese Weise Einhalt geboten werden.

 

Längst liegen Pläne in der Schublade, einen eigenen  Marktplatz zu betreiben. „Wenn es eine überzeugende zentrale Ticketbörse gäbe, wäre dies ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Schwarzmarktes“, bestätigt Andreas Rettig, DFL-Geschäftsführer Spielbetrieb, der diesbezüglich eine Umfrage ausgewertet hat.

Den Clubs sind das Internetauktionshaus Ebay oder Anbieter wie Viagogo ein Dorn im Auge: Wer sich für das Champions-League-Achtelfinale FC Bayern München gegen Arsenal interessiert, wird bei Ebay schnell fündig. Ein typisches Angebot: zwei Plätze in der Kurve für 275 Euro. Doch je näher das Ereignis rückt, desto schneller steigen die Preise – bei Höhepunkten in der Königsklasse auf bis zu 1000 Euro. Die selbe Nische bedient das in der Schweiz registrierte Unternehmen Viagogo, das für das Bundesligaspiel der Bayern am Sonntag gegen Frankfurt gerade viele Karten zwischen 35 und 70 Euro offeriert. Oft steckt allerdings Wucher dahinter: Für den Rückrundenstart des Rekordmeisters in Mönchengladbach kostete das billigste Billett plötzlich 454 Euro – das durchschnittliche  Tagesticket  liegt  bei  25  Euro.

Schalke hat den Vertrag mit Viagogo aufgelöst

Deshalb schlug der Borussia-Geschäftsführer Stephan Schippers im „Wall Street Journal Deutschland“ scharfe Töne an: „Wir brauchen keine Agenturen oder Zwischenhändler, die Karten zu maßlos überteuerten Preisen an die teils verzweifelten Fans geben.“ Eine Klage werde vorbereitet. Schippers erzählte zudem, wie Viagogo einen hohen sechsstelligen Betrag für eine Kooperation geboten habe. Gladbach hat abgelehnt. „Wir wollen nicht links und rechts Quereinsteiger oder Trittbrettfahrer haben, die auf dem Rücken der Fans Geld verdienen“, sagt Schippers.

Der FC Schalke 04 hatte einen  Viagogo-Vertragsabschluss unterschätzt – bei der Jahreshauptversammlung im Sommer kam es zu geharnischten Protesten und Gelsenkirchens Geschäftsführung löste unter dem massiven Druck der königsblauen Stammkundschaft den Kontrakt wieder auf. Auch der Hamburger SV, der die teuersten Kartenpreise der Liga aufruft und pro Saison damit mehr als 40 Millionen Euro einnimmt, erlitt bereits einen Imageschaden: Mit Transparenten wie „ViaNOgo“ liefen seine Supporters Sturm gegen das Geschäft. Auch in Stuttgart gab es Proteste gegen den fragwürdigen Anbieter – dennoch arbeitet der VfB vertraglich weiter mit Viagogo zusammen.

Seit geraumer Zeit ist der unter dem DFL-Dach angesiedelte Arbeitskreis Ticketing alarmiert. Dem  13-köpfigen Gremium stehen die Ticketmanager Kai Stefan Voerste (Hamburger SV) und Jörg Fürst (Werder Bremen) vor. Das Problem ist besonders akut, wo es bisweilen einem Lotteriespiel gleicht, um  an Tickets zu kommen: in München, Dortmund oder Gelsenkirchen, aber auch teilweise in Hamburg, Mönchengladbach oder Frankfurt.

Durchschnittliche Zuschauereinnahmen von 25 Millionen Euro

Es geht um einen Markt von mehr als einer halben Milliarde Euro. Wenn die DFL am Dienstag in der Frankfurter Kameha-Suite die neuesten Kennzahlen des deutschen Profifußballs präsentiert, dürfte darin ein Gesamtumsatz von 2,6 Milliarden Euro stehen. In der Saison 2011/2012 machte der Sektor Spielertrag, also die Zuschauereinnahmen,  in der ersten Liga 440 Millionen Euro, in der zweiten Liga noch 84 Millionen Euro aus. Der Anteil an den Gesamterlösen ist allerdings zuletzt ständig gesunken: Aktuell sind es nur noch 21 Prozent, durchschnittlich erzielt ein Bundesligist knapp 25 Millionen Euro an Zuschauereinnahmen. Früher bildeten die am Kassenhäuschen eingenommenen Gelder noch die Haupteinnahmequelle.

Als in der Saison 1978/1979 ein extremer Winter für 46 Spielausfälle sorgte und zeitweise im Januar und Februar gar keine Begegnungen mehr stattfanden, bangten viele Clubs hierzulande sogar um die Existenz. Heutzutage ist der Kartenverkauf zwar nicht mehr die wichtigste Säule, aber eine extrem emotionale. Deshalb soll der von der DFL gesteuerte, transparente Tauschplatz geschaffen werden, bei der ein Zuschauer seine bezahlte Dauer- oder Tageskarte jederzeit legal weitergeben kann – nicht nur, wenn er beruflich oder privat verhindert ist, sondern auch, wenn er mal keine Lust auf den Stadionbesuch hat.

Das könnte zu dieser Jahreszeit ja durchaus auch vorkommen.