Die von Frauen gegründete Reform-Initiative Maria 2.0 trat am Rande des Katholikentags in Stuttgart auf. Ihre Wut ist groß, „weil vieles in der Kirche der Botschaft von Jesus nicht entspricht“.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Sie wollen laut sein. Und sie sind laut. Erstaunlich laut sogar für rund 250 Demonstrantinnen und Demonstranten. Maria 2.0, auch Kirchenstreik genannt, heißt die kleine laute Reformbewegung, die die Katholische Kirche umkrempeln und modernisieren will. Für Samstagnachmittag hat sie in Stuttgart zu einem Protestzug aufgerufen. Von der Lautenschlagerstraße aus zieht die Gruppe durch die City. Sie kreuzt den Katholikentag mal hier mal da – aber immer unüberhörbar.

 

Kreativ sind sie auch. Auf den mitgeführten Plakaten und Transparenten steht: „Ich bin so sauer, ich hab sogar ein Schild gebastelt“, „Lieber gleichberechtigt als später“ oder „Ohne Frauen ist alles doof“. Die Frauen sind hier klar in der Mehrheit, doch auch etliche Männer tun ihren Ärger über den Reformstau in der katholischen Kirche singend, in Wortbeiträgen und auf Plakaten („Männer gegen Männerkirche“) kund.

Kritik an der „menschen- und leibfeindlichen Sexualmoral“

Mehrfach macht der Zug halt, um „Thesen“ vorzutragen, die sich Maria 2.0 auf die Fahnen geschrieben hat. Sie lauten: „In unserer Kirche haben alle Menschen Zugang zu den Ämtern“. Oder: „In unserer Kirche werden Taten sexualisierter Gewalt umfassend aufgeklärt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen. Ursachen werden konsequent bekämpft.“ Kritisiert wird auch die „menschen- und leibfeindliche Sexualmoral“. Nach Überzeugung der Initiative müsste es so heißen: „Unsere Kirche zeigt eine wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft.“ Die zölibatäre Lebensform sollte keine Voraussetzung für die Ausübung des Weiheamtes mehr sein.

„Gott liebt alle Menschen!“

Die Protestbewegung Maria 2.0 ist laut und deutlich. Ein Redner beklagt den Vertrauensverlust, den die katholische Kirche durch das Fehlverhalten von kirchlichen Würdenträgern erlitten habe. Auch Georg Bätzing, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz wird nicht geschont. Er ist in die Kritik geraten, weil er einen Priester seiner Diözese zum Bezirksdekan beförderte, der in den Jahren 2000 und 2007 zwei Frauen belästigt hatte.

Die Initiative trommelt gegen zweierlei Maß und gegen die Ausgrenzung von Menschen, die nichts ins Schema der Amtskirche passen würden. „Was ist so schwer zu verstehen an der Botschaft: Gott liebt alle Menschen“, ruft eine Rednerin, ehe die Gruppe gemeinsam singt: „Wir sind zusammen stark, wir sind zusammen laut. Unsere Kirche der Zukunft wird mit allen gebaut.“ An Leidenschaft und Lautstärke fehlt es an diesem Samstag nicht. Ob’s auch gehört wird, ist eine andere Frage.