In den Stadtbezirken unterm Fernsehturm könnte es künftig nur noch eine einzige katholische Gemeinde geben. Die Entscheidung soll bis Herbst 2013 fallen.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Von Gewinnern und Verlierern mag Michael Pope nicht sprechen. Das führe zu nichts, sagt der zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats von Mariä Himmelfahrt. Würde er diese Wörter benutzen, wäre die katholische Gemeinde in Degerloch eher auf der Gewinnerseite. Weil sie gute Chancen hat, der Hauptstandort einer fusionierten Fildergemeinde zu werden. „Das würden wir in Demut akzeptieren“, sagt Pope. Allerdings handele es sich bisher nur um Spekulationen, „und daran beteilige ich mich nicht“.

 

Zu dieser Gemeinde könnten neben Degerloch Sillenbuch, Heumaden sowie Hohenheim/Birkach gehören. Sprich, die bestehenden Kirchengemeinden würden zu einer einzigen verschmelzen – mit insgesamt 14 000 Mitgliedern. Der Fall würde eintreten, wenn Kemnat und Ruit zum Dekanatsbezirk Esslingen übergehen.

Aus 46 Gemeinden sollen zwölf werden

Derzeit bilden die beiden Ostfilderner Gemeinden eine Seelsorgeeinheit mit Sillenbuch und Heumaden. Nun werde erkundet, ob sich dies ändern ließe. So bestätigt es Manfred Scherer vom Stadtdekanat. Die Alternative wäre, dass Sillenbuch, Heumaden, Ruit und Kemnat eine Gemeinde werden und sich Degerloch mit Hohenheim/Birkach zusammentun. Degerloch und Hohenheim sind derzeit eine Seelsorgeeinheit (siehe Kasten).

Das katholische Stadtdekanat hat im Zuge seines Projekts „Aufbrechen“ angekündigt, dass die 46 bestehenden Kirchengemeinden auf voraussichtlich zwölf zusammenschrumpfen sollen – als Antwort auf den Mitgliederschwund. Wenn Gemeinden fusionieren, braucht es nur noch einen Kirchengemeinderat, ein Pfarrbüro und einen Haushalt. Das Dekanat rechnet damit, dass sich so bis zum Jahr 2025 etwa 40 Prozent der Betriebs- und zehn Prozent der Personalkosten sparen ließen. Unter dem Strich wäre dies auf der Ausgabenseite 3,8 Millionen Euro weniger.

Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite sind die Menschen. „Für viele klingt das nach Abschied von Gewohntem“, sagt Manfred Scherer. „Wir sehen es aber auch als eine Chance.“ Denn klar ist: „Die Gegebenheiten zwingen uns, uns neu aufzustellen, daran kann nicht gerüttelt werden.“

Das sieht Roland Rossnagel ebenso. Der Priester für Sillenbuch, Heumaden, Kemnat und Ruit sagt, es sei letztlich egal, wer die Erzieher in den Kindergärten anstellt und wer die Kerzen kauft. Das seien Äußerlichkeiten. „Deshalb stirbt der Glaube nicht“, sagt Rossnagel. „Das Wichtigste in der Kirche sind ja die Beziehungen, nicht die Strukturen.“ Deshalb versteht er die Leute, denen es missfällt, dass Kemnat und Ruit in Zukunft nicht mehr dazugehören sollen. „Die Leute sind erschrocken.“

Die Heumadener Katholiken sind verunsichert

Und nicht nur sie. Auch die Heumadener Katholiken sind verunsichert. „Dort ist die Stimmung besonders schlecht“, sagt Rossnagel. Die Gemeinde Sankt Thomas Morus warte seit Jahren darauf, dass das Gemeindehaus saniert werde. Dass aus den Plänen überhaupt noch etwas wird, wird immer fraglicher. Denn Heumaden wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Nebenstandort herabgestuft – in einer großen Fildergemeinde ebenso wie in einer Großgemeinde aus Sillenbuch, Heumaden, Ruit und Kemnat. „Dann wird in Heumaden vermutlich nicht mehr investiert“, sagt der Priester Rossnagel.

Die Gemeinde Mariä Himmelfahrt indes zeigt sich zuversichtlich, sagt der zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Michael Pope. Das Gotteshaus an der Karl-Pfaff-Straße ist in die Jahre gekommen und muss saniert werden. Das Stadtdekanat hat die Gemeinde ermutigt, erste Investitionen zu tätigen. „Für uns ist dies das Signal: Man rechnet mit Degerloch“, sagt Pope. „Es ist aber das einzige habhafte Indiz.“

Das Stadtdekanat hat den Kirchengemeinden bis Herbst 2013 Zeit gegeben, über die anstehenden Fusionen nachzudenken. Umgesetzt werden sollen die Veränderungen bis 2018. Das Stadtdekanat sei bemüht, die Menschen in den Veränderungsprozess einzubinden, betont Manfred Scherer. Wobei zwischen den Zeilen zu lesen ist: Gemeinden, die sich sperren, bekommen irgendwann kein Geld mehr.