Die Kirche ist für die Besucherzahl zu groß, außerdem verbraucht die Heizung aufgrund der Bauweise zu viel Energie. Die Abrissbirne kommt. Davor steht für die Katholiken in Mönchfeld eine wichtige Feier.

Stuttgart - Wäre die Kirche immer so gut besucht gewesen wie an diesem denkwürdigen Sonntag, wäre sie den Mönchfeldern vielleicht erhalten geblieben. Nun aber wird St. Johannes Maria Vianney in Mönchfeld abgerissen. So ist es kein Wunder, dass die Katholiken in Scharen zu ihrem Gotteshaus pilgern. Es heißt Abschied nehmen. Es heißt, die Kirche in einem so genanten Profanierungsgottesdienst zu entweihen, ehe die Abrissbirne zuschlägt.

 

Und was das bedeutet, bringt Heinz Wolf, der Geschäftsführende Vorstand der Caritas-Stiftung, am besten auf den Punkt: „Heidenei“, entfährt es ihm auf gut Schwäbisch, „so eine Kirche fällt, dort wo so viele Trauungen, Taufen oder Hochzeiten gefeiert wurden. Hier geht ein Stück Lebensgefühl verloren.“ Damit trifft Wolf den Nerv vieler Gläubiger. Man sieht es ihnen an: Es fällt sehr schwer, Vertrautes und Liebgewonnenes loszulassen.

Ein neues Gotteshaus, Wohnungen und eine Kita entstehen

Ihnen spricht auch der Weihbischof Gerhard Schneider aus der Seele. Der Priester wählt daher in seiner Rede empathische Zwischentöne. Obwohl in Mönchfeld nun etwas Besseres und Moderneres entsteht, nimmt er die Gefühle der Gemeindeglieder ernst. Er entführt seine Zuhörer mit in die Entstehung seines Redemanuskriptes. „Ein befreundeter Pfarrer hat mich gewarnt“, sagt er im Plauderton, „rede die Sache ja nicht schön!“ Das macht Schneider nicht, obwohl die positiven Seiten überwiegen.

Schließlich wird eine kleine, dem Gottesdienstbesuch angemessene Kirche entstehen. Statt 420 Plätzen wird die neue Kirche ab Oktober 2020 nur 120 Gläubige beherbergen. Zudem sollen auf dem Grundstück Wohnungen für Senioren sowie eine Kita entstehen. „Das ist ein Vorteil, dann kann man die Gemeinschaft wieder ganz anders erleben. In manchen Gottesdiensten wirkt die Gemeinde in der großen Kirche sehr verloren“, sagt Helmut Baur, der im Bauausschuss der Gemeinde sitzt. Baur, der sich selbst als „Ureinwohner“ bezeichnet, kennt die Tücken des Kirchenbaus von 1962, wo er selbst mit dabei war: „Es ist furchtbar“, sagt er abwinkend, „bis zum Giebel sind es 14 Meter. Die Elektrospeicherheizung ist nicht nur teuer, sie macht die Kirche im Winter auch nicht warm.“ Es ziehe durch alle Ritzen in dem Gotteshaus.

Ähnlich war die Situation in der Gemeinde St. Peter in Bad Cannstatt. Der alte Betonbau war zu groß und ein energetisches schwarzes Loch. So ging man dort 2016 den Weg, den nun auch die 1400 Gemeindeglieder in Mönchfeld gehen müssen. Auf sie wartet eine Interimszeit in der benachbarten evangelischen Kirche und im Seniorenheim St. Ulrich. Dorthin brachten die Mönchfelder Christen in einer Prozession auch das Allerheiligste. Auch die Reliquien aus dem Altar fanden so den Weg nach draußen. Besser gesagt: nach Rottenburg. Dorthin nimmt sie Weihbischof Schneider mit – bis die neue Zeit in St. Johannes anbricht.

Ein Morgen, das Schneider für „zukunftsweisend“ hält. Sowohl für Mönchfeld, aber auch das ganze Stuttgarter Dekanat, das sich Auf- und Umbruch befände. Für ihn hat aber auch das Alte eine große Kraft. „Für mich ist die Zeltkonstruktion dieser alten Kirche ein wunderbares Zeichen. Nämlich das eines wandernden Volkes.“ Auf diese Wanderschaft machen sich nun auch die Mönchfelder – mit gutem Mut und einem „Gott befohlen!“