Für viele überraschend hat sich Pfarrer Heiko Merkelbach von der katholischen Gesamtkirchengemeinde Möhringen und Fasanenhof verabschiedet. Einen Nachfolger gibt es bislang nicht. Was bedeutet das nun?

Filder - Es ging Schlag auf Schlag: Im Juni hatte Pfarrer Heiko Merkelbach angekündigt, sich zurückzuziehen. Ende September wurde er verabschiedet. Dem erst vor Kurzem neu gewählten Gesamtkirchengemeinderat steht damit gleich zu Beginn seiner Amtszeit eine große Aufgabe bevor. Er muss „in der Zeit ohne leitenden Pfarrer die Gemeindearbeit aufrecht erhalten, beziehungsweise nach den Corona-Beschränkungen wieder anlaufen lassen“. So steht es im Gemeindebrief. Doch was genau kommt auf die Katholiken in Möhringen und auf dem Fasanenhof zu?

 

Antworten auf diese Frage hat Nicole Höfle, die Pressesprecherin des Katholischen Stadtdekanats. Zunächst einmal bekommt die Gemeinde einen Administrator: Das ist seit dem 1. Oktober der stellvertretende Stadtdekan und Pfarrer von St. Georg, Michael Heil. Der Administrator habe die vollen Rechte des Pfarrers und sei wie ein investierter Pfarrer handlungsfähig, erklärt Höfle. Er sei also beispielsweise Dienstvorgesetzter und Vorsitzender der Gremien. Allerdings sei der Administrator nur Amtsverweser, also nur geschäftsführend im Amt. „Er ist nicht auf Dauer ernannt, sondern nur vorübergehend“, sagt Höfle. Dabei gelte die Grundregel: „sede vacante nihil innovetur“ – zu deutsch: „in der Vakanz soll nichts verändert werden“.

Niemand wolle eine Vakanz schön reden

Klar sei, dass Pfarrer Heil aufgrund anderer Verpflichtungen wie jeder Administrator nur eingeschränkt präsent sein könne. So werde er keine Gottesdienste auf den Fildern halten. „Nun muss man aber sehen, dass in St. Hedwig und St. Ulrich weiterhin mit Diakon Michael Karl Jakob und dem Pfarrvikar John Kannu Musa ein bewährtes Pastoralteam vor Ort ist“, sagt Höfle. „Deshalb können auch die Gottesdienste weiterhin in großer Zahl gefeiert werden.“ Bei den Sonntagsmessen gebe es lediglich zeitliche Verschiebungen: In St. Ulrich beginne diese früher als gewohnt, in St. Hedwig später. Auch die Werktagsgottesdienste würden weiterhin angeboten, nur der Gottesdienst am Montagabend in St. Ulrich entfalle. Für Verwaltungsangelegenheiten sei die Verwaltungsbeauftragte und Pfarramtssekretärin Doris Waibel zuständig. Zudem könne sich die Gesamtkirchengemeinde St. Hedwig und St. Ulrich glücklich schätzen, viele Ehrenamtliche zu haben, die sich in den unterschiedlichen Bereichen einsetzen.

Also alles kein Problem? Niemand wolle die Vakanz schönreden, antwortet Höfle. So eine Zeit sei immer eine Herausforderung. Pfarrer Merkelbach sei 18 Jahre lang in Möhringen gewesen und habe die beiden ehemals eigenständigen Gemeinden St. Hedwig und St. Ulrich durch seine Persönlichkeit stark geprägt. „Jetzt ist er weg, und alle müssen sich erst einmal sortieren. Aber das ist auch eine Chance zur Reflexion und zur Neuorientierung“, sagt Nicole Höfle.

Insgesamt halte sich der Priestermangel in Grenzen

Wann die Stelle neu besetzt wird, ist offen. „Natürlich hoffen wir, dass sich bald ein Nachfolger finden wird“, sagt Höfle. Zuständig ist die Diözese. „Freigewordene Pfarrerstellen werden jährlich in drei Ausschreibungsrunden neu vergeben. Die nahtlose Neubesetzung kommt immer wieder vor, bildet jedoch eher die Ausnahme“, sagt Eva Wiedemann, die Pressesprecherin der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Wie lange die Suche dauere, hänge davon ab, welche Pfarrer mit welchen Schwerpunkten gerade wechseln wollen. Das Ausschreibeverfahren für den Herbst habe bereits begonnen, die Stelle in der Gesamtkirchengemeinde St. Hedwig und St. Ulrich werde im Frühjahr ausgeschrieben.

Insgesamt halte sich der Priestermangel in Stuttgart in Grenzen. Abgesehen von diesem Fall seien alle leitenden Pfarrstellen besetzt, sagt die Dekanatssprecherin Höfle. Nur eine Vakanz gebe es aktuell, doch es sei klar, dass sie im Februar 2021 rum sei. Es handelt sich um die andere Fildergroßgemeinde Johannes XXIII., zu der Degerloch, Heumaden, Sillenbuch und Hohenheim gehören. Hier wird Dominik Weiß nächstes Jahr beginnen.

„Wir müssen davon wegkommen, dass immer der Priester den Weg vorgibt“

Gerade diese Gemeinde kennt Vakanzen nur zu gut. Im vergangenen Jahrzehnt haben die Katholiken einige Pfarrer kommen und gehen sehen. Dazwischen immer wieder Phasen der Vakanz. Geholfen hat man sich mit Ehrenamt, aber auch mit Priestern, die längst im Ruhestand sind.

Einer von ihnen ist Jospeh Doetsch aus Heumaden. Mit seinen 80 Jahren feiert er immer noch Gottesdienste. Er mache das gern, sagt Jospeh Doetsch, doch er hat einen Rat: „Wir müssen davon wegkommen, dass immer der Priester den Weg vorgibt. Die Gemeinde muss mehr entscheiden.“ In England, wo er fast sein ganzes Leben verbracht hat, hätte ihn jeder mit „Father“ angesprochen, oft sei er gefragt worden: „Father, what should I do?“ Er sagte dann: „Nein, du musst selbst entscheiden.“