Der katholische Kindergarten wird 700  000 Euro teurer. Der Neubau könnte noch scheitern.

Weil der Stadt - Die Konjunktur ist gut, Handwerker und Baufirmen sind ausgelastet. Große Kostensteigerungen sind derzeit das tägliche Brot für Bauträger und Bauverwaltungen. Erst im April hat der Weiler Gemeinderat zum Beispiel beschlossen, die Sanierung der Sonnenbergstraße und des Steinwegs um ein Jahr zu verschieben.

 

Da passt die jüngste Nachricht von der katholischen Kirchengemeinde eigentlich ins Bild. 3,4 Millionen Euro ist der aktuelle Stand der Kostenberechnung, wie der Architekt Karl Ströhle vom Büro Schlude, Ströhle, Richter (Stuttgart) ausgerechnet hat. Das sind 700 000 Euro mehr. „Für uns ist Transparenz wichtig“, erklärt der katholische Pfarrer Anton Gruber, als er die Zahlen den Gemeinderäten präsentiert. „Denn es ist es ein gemeinsames Projekt.“ Ein alter Kooperationsvertrag zwischen Stadt und Kirche sieht vor, dass die Stadtkasse 80 Prozent der Baukosten stemmt und die Kirchengemeinde 20 Prozent.

Sechs Büros beteiligen sich am Wettbewerb

Dass die Baukosten derzeit durch die Decke schießen, wissen auch die Stadträte. Dennoch stößt die Kostensteigerung auf Kritik. Denn: Per Architektenwettbewerb wurde der Entwurf für den Kindergartenneubau ermittelt. Sechs Büros hatten mitgemacht, Karl Ströhle hatte gewonnen. Das  Problem: Schon in den Wettbewerbsvorgaben waren 2,7 Millionen Euro als Obergrenze genannt. „Ich bin schon davon ausgegangen, dass das gilt“, sagt daher jetzt zum Beispiel der Stadtrat Emilio Diaz Ocampo (Freie Wähler).

Zwei zusätzliche Gründe – neben der aktuellen Konjunktur – nennt Karl Ströhle den Räten für die Kostensteigerung. Zum einen die komplizierte Bauform. Denn um den jetzigen Kindergarten während des Baus zu erhalten, muss Ströhle den Neubau in einer L-Form drumherum bauen. „Daher hat er mehr Außenfläche und ist nicht ganz einfach zu bauen“, sagt er. Zweiter Grund sei der Baugrund. Ein Bodengutachten habe ergeben, dass auf dem Gelände neben der Würm Pfähle nötig sind.

Den Fraktionschef der Freien Wähler, Markus Kling, überzeugt das nicht. „Dass man dort, neben der Würm, tief gründen muss, war doch klar“, sagt er, „auch die Hülle des Gebäudes war bekannt.“ Seine grüne Ratskollegin Anke Matthias-Schwarz stimmt zu. „Ich seh’ mich getäuscht“, sagt sie. „Ich habe den Vorgaben in der Ausschreibung vertraut und nicht gedacht, dass uns schon ein paar Monate später eine Kostensteigerung vorgelegt wird.“ Rathaussanierung Merklingen, Kindergarten Schafhausen, Mensaneubau Merklingen und jetzt der katholische Kindergarten, das seien zwei Millionen Euro Mehrkosten, rechnet der Freie Wähler Jürgen Widmann vor. „Und das ist genau das Geld, das wir eigentlich für die Marktplatz-Sanierung bräuchten“, stellt er fest.

Hoffnung auf ehrliche Preise

„Wir hoffen auf die örtliche Bauwirtschaft in Weil der Stadt“, sagt der Pfarrer Anton Gruber zu all dem. „Sie darf was verdienen, aber wir hoffen auf ehrliche Preise.“ Denn auch für die Kirchengemeinde und deren Finanzierungsanteil sind die Mehrkosten schmerzhaft. Daher kündigt der Pfarrer erstmals an, dass das Projekt immer noch scheitern kann. „Für mich ist der Kindergarten noch nicht gebaut“, sagt der Pfarrer. Wenn die Angebote völlig aus dem Ruder laufen, müsse man sich nochmals zusammensetzen, denn: „Auch unsere Mittel sind begrenzt.“

Am Ende der Debatte einigen sich die Räte und der Pfarrer darauf, zunächst Angebote für den Rohbau und die Haustechnik einzuholen, um dann zu schauen, ob diese im Rahmen bleiben. Ende des Jahres wollte die Kirchengemeinde eigentlich mit dem Neubau beginnen, fertig wäre er dann im Jahr 2020.

Das jetzige Gebäude ist marode. Ein Gutachten hatte ergeben, dass eine Sanierung fast genauso teuer wäre, wie der Neubau. „Wir brauchen den Kindergarten“, unterstreicht auch Bürgermeister Thilo Schreiber (Freie Wähler). „Als Stadt sind wir verpflichtet, für Kindergartenplätze zu sorgen.“ Kritik aus der Bürgerschaft hatte es zuletzt auch an dem „Familienzentrum“ gegeben, das in dem Neubau unterkommen soll, und an dem sich die Stadt mit 80 Prozent beteiligt. „Das ist ein Raum mit multifunktioneller Nutzung“, sagt Schreiber dazu. „Das ist aber kein großer Zusatz.“