„Body-Opera“ nennt die Choreografin Katja Erdmann-Rajski ihr neues Mozart-Projekt im Untertitel. Am Wochenende ist der Probenprozess öffentlich.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Zur offene Probe mit Publikumsbeteiligung lädt die Stuttgarter Choreografin von diesen Freitag an in den Treffpunkt Rotebühlplatz. Premiere der neuen Produktion „Ohne Giovanni. Aber mit Mozart“ istt zwar erst im September Premiere, aber bereits jetzt sollen Ideen und Inspirationen in die endgültige Choreografie einfließen. Wer sich vom Bühnengeschehen inspiriert fühlt, darf dazustoßen und mitmachen.

 

Frau Erdmann-Rajski, Sie laden am Wochenende zu offenen Proben für Ihr neues Stück und bitten das Publikum um Beteiligung. Gehen Ihnen die Ideen aus?

Ich würde es pointierter ausdrücken: Ich lasse sie ausgehen. Einerseits sollen sie vagabundieren gehen und mein Publikum nicht nur zum Zuschauen animieren, sondern zum Mitmachen. Andererseits soll von den Ideen ein modernes Tanztheater ausgehen, das die Bewegungskultur der Laientänzer und -tänzerinnen nicht als Feigenblatt gerade angesagter Partizipationstrends versteht, sondern ihre tänzerisch-ästhetische Qualität ernst nimmt.

Wie passen solche basisdemokratischen Prozesse zu unserem Bild vom Künstler als kreativem Kopf?

Ach, diesen bürgerlichen Geniekult um den Künstler aus dem 18. und 19. Jahrhundert sollte man endgültig begraben. Etwas kreieren heißt ja letztendlich nichts anderes als etwas „erschaffen“. Und erschaffen vier Musiker zusammen nicht ein hinreißendes Beethoven-Streichquartett – auch ohne „kreativen (Dirigenten)Kopf“? Meine Aufgabe als Choreografin sah ich schon immer anders, eher moderierend und stimulierend innerhalb eines Teams.

Es geht um Mozarts Oper „Don Giovanni“, aber der Titelheld muss draußen bleiben. Hat der sorglose Frauenjäger in Zeiten von Metoo ausgedient?

Nicht nur die Jäger, auch die Gejagten. Denn uns geht es ja gerade nicht um Personal und Handlung der Oper – weder um Elvira noch um Ottavio, weder um Zerlina noch Giovanni. Wir wollen einfach auf die Musik „hören“ und sie in unseren Körper sicht- und spürbar machen. Ich nenne dieses neue Genre „Body-Opera“. 

Seit neuestem werden Sie von der Stadt stärker gefördert. Was ändert sich konkret für Ihre Arbeit?

Institutionelle Förderung heißt für uns mehr Planungssicherheit. Und mehr Zeit für unsere eigentliche tänzerisch-choreografische Arbeit, statt bei jeder neuen Projektidee Anträge über Anträge zu schreiben. Dafür sind wir der Stadt wirklich dankbar. Und natürlich dem Treffpunkt Rotebühlplatz. Einem geradezu idealen Partner, entspricht doch dessen Konzept der Bürgernähe und -beteiligung unserem Verständnis eines partizipativen Tanztheaters.

Termin:

6. und 7. März 2020, 20 Uhr8. März 2020, 15 UhrRobert-Bosch-Saal im Treffpunkt Rotebühlplatz, StuttgartKarten: 0711-1873-800 (VHS)