Thomas Oppermann (SPD) und Volker Kauder (CDU) sind ab jetzt als Fraktionschefs ein wichtiges Duo. Ihr Job ist es, die Mehrheiten zu garantieren, den Hinterhof der Koalition in Ordnung zu halten und das Ende der Zweckehe stets im Blick zu behalten.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die erste Amtshandlung in seiner neuen Funktion übt Thomas Oppermann kurz nach seiner Wahl zum Fraktionschef der Sozialdemokraten im Bundestag aus. Angela Merkel, die heute im Parlament zum dritten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt werden will, kommt zum Antrittsbesuch beim Koalitionspartner, und Oppermann nimmt sie in Empfang. Viele SPD-Abgeordnete kennen die Regierungschefin zwar noch aus dem vorigen schwarz-roten Bündnis. Aber unter den Genossen im Bundestag sind auch jede Menge Neulinge. Oppermann macht die Honneurs gegenüber der Kanzlerin, kurz nachdem er sich sehr erleichtert für sein Wahlergebnis bedankt hat. „Ich habe geträumt von einer Acht vorne dran“, sagte der Nachfolger Frank-Walter Steinmeiers an der Fraktionsspitze zu seinen Abgeordnetenkollegen. Dass es nun eine Neun geworden sei, „damit habe ich im Leben nicht gerechnet“.

 

Eigentlich wäre Oppermann, der verheiratet ist, drei Töchter und einen Sohn hat und im nächsten April 60 Jahre alt wird, lieber ins Kabinett gewechselt und Innenminister geworden. Wegen Proporz- und Quotenfragen landete der bisherige Fraktionsgeschäftsführer nun aber auf dem Posten des Fraktionsvorsitzenden. Das macht ihn zu einer zentralen Figur im schwarz-roten Regierungsapparat. Wenn eine Koalition erfolgreich arbeiten will, braucht sie zwei stabile Achsen der Macht. Die erste wird stets vom Kanzler und seinem Vize gebildet. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel und den SPD-Chef Sigmar Gabriel kann man fast schon als eingespieltes Team bezeichnen. Beide vertrauen sich nicht nur, weil sie von 2005 bis 2009 schon einmal zusammen regiert haben. Ihre Achse ist stabil, weil die beiden Partner dieser „befristeten Koalition der nüchternen Vernunft“ (Gabriel) während der Koalitionsverhandlungen die Belastbarkeit gegenseitiger Schweigegelübde einem Stresstest unterzogen und bestanden haben: So wenige Indiskretionen wie während dieser Regierungsbildung hat es schon seit sehr langer Zeit nicht mehr gegeben.

Stresstest fürs Schweigegelübde bestanden

Fast genauso entscheidend für das Funktionieren einer Koalition ist, dass die Arbeit in den Fraktionen funktioniert. Da kommt es ab jetzt auf das Gespann aus dem nun schon altgedienten Unions-Fraktionschef Volker Kauder und Oppermann als seinem frisch gebackenen Gegenüber bei der SPD an. Nicht nur weil seine Genossen von ihm erwarten, dass er mit Kauder auf Augenhöhe agiert, wird dem Niedersachsen Oppermann am Montag ein Stein vom Herzen gefallen sein, dass seine Parteikollegen bei der Wahl keine alten Rechnungen mit ihm beglichen haben. Mit 90,8 Prozent der Stimmen kann sich Oppermann, der sich als Fraktionsgeschäftsführer qua Amt nicht nur Freunde machen konnte und oft mit flauen Wahlergebnissen zufrieden sein musste, gut neben Kauder sehen lassen. Der hatte bei der Wiederwahl im September von den Unionsabgeordneten 97 Prozent erhalten.