Das Mautsystem Toll Collect wird nun doch nicht erneut privatisiert. Damit hat die Regierung ihren Irrweg verlassen, meint unser Korrespondent Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Für diese Entscheidung hat Andreas Scheuer wirklich Lob verdient. Der oft und nicht immer zu Unrecht gescholtene Verkehrsminister zeigt Handlungsstärke und Mut. Die Bahn-Krise hat der CSU-Politiker zur Chefsache gemacht. Und unter das sündhaft teure Privatisierungsabenteuer Toll Collect zieht der Ressortchef nun einen klaren Schlussstrich.

 

Seine Vorgänger und Parteifreunde Ramsauer und Dobrindt haben Scheuer mit der skandalträchtigen Lkw-Mautfirma eine schwere Bürde hinterlassen. Mehrfach hatte das Ministerium in der Vergangenheit bereits die Chance, Toll Collect zu übernehmen und den Konzernen die Rote Karte zu zeigen. Vor allem der Milliardenstreit mit den Eigentümern Daimler und der Telekom vor geheimen Schiedsgerichten wegen des krass verspäteten Starts des Mautsystems verhinderte den klaren Schnitt.

Die Regierung drückte oft die Augen zu

Auch diesen schweren Fall hat Scheuer voriges Jahr gelöst, allerdings mit einer fragwürdigen Einigung, bei der die Regierung letztlich mehr als sechs Milliarden Euro ihrer Forderungen in den Wind geschrieben hat. Erstaunlich, wie wenig Aufregung dieser atemberaubende Milliardenverzicht verursachte. Vom Koalitionspartner SPD kam kaum Kritik, vermutlich, weil die Partei einst unter Kanzler Schröder die Privatisierung umsetzte.

Toll Collect sollte leuchtendes Beispiel für ÖPP-Modelle werden, also für die Übergabe staatlicher Aufgaben an private Unternehmen. Entsprechend oft drückte die Regierung die Augen zu, schloss Geheimverträge, akzeptierte Schiedsgerichte, machte sich erpressbar, vernachlässigte die Kontrolle und bezahlte enorm hohe Kosten für das Mautsystem. Insgesamt eine verheerende Bilanz.

Die Steuerzahler beglichen die hohen Rechnungen

Diese extrem teuren politischen Fehler sind nicht zu entschuldigen. Die hohen Rechnungen dafür beglichen die Steuerzahler. Die Lehre aus diesem ÖPP-Desaster kann nur sein, die Maut künftig in staatlicher Regie zu erheben. Und auch für künftige „Partnerschaften“ jeglicher Art mit Privaten sollte gelten: Wenn der Staat wichtige Aufgaben renditegetriebenen Unternehmen überlässt, sollten Transparenz, strenge Kontrolle und Aufsicht sowie Verträge mit wirksamen Sanktionsmöglichkeiten absolut selbstverständlich sein. An all dem hat es bei Toll Collect gefehlt.