Der Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn AG nimmt seinen Hut. Sieben Jahre lang hat er die Projektpartner über Stuttgart 21 informiert. Immer in vollem Umfang?

Stuttgart - Mit drei Sätzen hat Ronald Pofalla, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn AG, am Dienstag nach sieben Jahren seinen Abschied von dem Staatsunternehmen öffentlich angekündigt. Ende April verlasse er auf eigenen Wunsch den Schienenkonzern, um „zu meinem nächsten Lebensabschnitt aufzubrechen“. Eine Umschreibung des neuen Abschnitts lieferte der 62-jährige Jurist nicht.

 

Die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 holen etwas weiter aus, um die Leistungen Pofallas aus ihrer Sicht zu beschreiben. Der Infrastrukturvorstand hatte die Projektpartner im S-21-Lenkungskreis regelmäßig über den Baufortschritt informiert, zuletzt Mitte November 2021. Über die Kostenentwicklung des Projekts war damals laut Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nicht gesprochen worden. Inzwischen ist klar, dass Stuttgart 21 sich erneut verteuern wird, von 8,2 auf rund 9,2 Milliarden Euro. Der Bahn-Aufsichtsrat soll das Ende März gutheißen, der Konzern muss deshalb seinen bereits hohen Schuldenstand voraussichtlich ausweiten.

Pofalla erhält keine Abfindung

Dass Pofalla genau zum Zeitpunkt eines „nicht zuletzt wegen Stuttgart 21 vermutlich verheerenden Jahreswirtschaftsberichts der DB zurücktritt, passt ins Bild“, sagt Martin Poguntke, einer der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. Pofallas Vertrag bei der Bahn AG läuft noch bis 2025. Dass er bei seinem Ausscheiden keine Abfindung und keine Auszahlung für die verbliebene Amtszeit erhalte, „kompensiert in keiner Weise den Schaden, den er im Zusammenhang mit Stuttgart 21 angerichtet hat“, so Poguntke. Pofalla habe in seiner Amtszeit als Kanzleramtsminister unter Angela Merkel (CDU) massiv für S 21 interveniert, obwohl das Projekt mit Kosten von damals 6,3 Milliarden Euro für die Bahn unwirtschaftlich geworden sei. Poguntke kritisiert weiter, Pofalla sei „ohne Einhaltung einer Karenzzeit“ aus der Politik in den hoch dotierten Job bei der Bahn AG gewechselt. Im Coronajahr 2020 hatte Pofalla bei der Bahn AG laut Geschäftsbericht 669 000 Euro erhalten; vor Corona 2019 waren es 1,246 Millionen Euro gewesen.

Das Aktionsbündnis hatte Pofalla 2013 angezeigt. Der Vorwurf: er habe die drei Staatssekretäre im DB-Aufsichtsrat genötigt, das Projekt gegen die Unternehmensinteressen fortzusetzen. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte die Vorermittlungen ein. Ein Vorsatz sei nicht nachweisbar gewesen. Der DB AG steht mit dem Wechsel zur Ampelkoalition in Berlin ein Umbau bevor, Infrastruktursparten sollen zusammengelegt, der Konzern neu ausgerichtet werden. Pofallas Abgang wird insofern als vorgezogene Reaktion auf den Umbau gewertet. Bei der nächste Sitzung des S-21-Lenkungskreises wird Pofalla nicht mehr dabei sein. Sie ist für den 2. Mai 2022 terminiert.