Der Carsharing-Anbieter wird in absehbarer Zukunft nicht von Stuttgart aus nach Norden expandieren – für die Barockstadt ist das ein herber Rückschlag. Auch BMW ist nicht interessiert, in die Region zu gehen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Kreis Ludwigsburg - Seit Jahren versucht die Stadtverwaltung, einen großen Carsharing-Anbieter nach Ludwigsburg zu locken, bislang erfolglos. Zwar entschied sich die Daimler-Tochter Car2Go Ende 2013, mit ihren elektrisch betriebenen Smarts von Stuttgart aus nach Böblingen, Sindelfingen, Esslingen und Gerlingen zu expandieren, aber Ludwigsburg blieb außen vor. „Wir sind nicht beleidigt“, sagte Albert Geiger, der Leiter des Referats für nachhaltige Stadtentwicklung, damals. Man sei im Gespräch mit anderen Anbietern. Auch Daimler hielt die Tür offen: Ludwigsburg, hieß es, sei ein attraktiver Standort.

 

Zwei Jahre sind seither vergangen. Zwei Jahre, in denen Ludwigsburg alle Autobauer, die Carsharing im Portfolio haben, intensiv umworben hat. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Elektrofahrzeuge auf die Straßen zu bekommen, aber trotz gegenteiliger Beteuerungen zeichnet sich immer deutlicher ab: Die Tür ist wohl endgültig geschlossen. „Unser Mobilitätsexperte ist mit allen Anbietern im Gespräch, und wir stehen Gewehr bei Fuß“, sagt Tanja Lukasik vom Referat für nachhaltige Stadtentwicklung. Aber leider gebe es bisher keine konkreten Fortschritte. „Für uns ist das sehr schade.“

Die Chancen für Ludwigsburg gehen gegen Null

Tatsächlich geht die Chance gegen Null, dass Daimler, BMW, VW oder Citroën für ihre Free-Floating-Dienste in absehbarer Zukunft den Blick nach Ludwigsburg richten. Free Floating bedeutet, dass die Mietautos nicht an einer festen Station bereit stehen, sondern von den Nutzern nach der Leihe auf einem beliebigen öffentlichen Parkplatz abgestellt werden, wo sie erneut entliehen werden können. Die Kunden finden die freien Fahrzeuge per Computer oder Smartphone, nur zum Aufladen müssen die E-Autos an eine Station gefahren werden. Mit Flinkster und Stadtmobil existieren in Ludwigsburg zwei Carsharing-Anbieter, die aber auf feste Ausleihstationen setzen. Das Free-Floating-System wäre „eine ideale Ergänzung dazu“, sagt Lukasik.

Auf 500 Smarts ist die Flotte von Car2Go in der Region Stuttgart angewachsen, seit der Dienst vor knapp drei Jahren gestartet ist. Fast 50 000 Kunden verzeichnet das Unternehmen dort aktuell, Tendenz steigend. „Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, sagt der Car2Go-Sprecher Andreas Leo. Man sei überzeugt, dass es sich um ein wirtschaftlich robustes und erfolgreiches Geschäftsmodell handle. Pläne, das Gebiet in Richtung Ludwigsburg zu erweitern, gebe es aber nicht.

Auch deutschlandweit ist das Unternehmen stark gewachsen, und dennoch wurde das Flottengebiet in Berlin oder Hamburg unlängst wieder verkleinert. „Wir merken, dass die Nachfrage in Innenstädten immer hoch ist, in Randgebieten aber oft abnimmt“, sagt Leo. Zuletzt kursierten Gerüchte, dass Daimler auch in der Region den Rückwärtsgang einlegen werde, um sich wieder auf das Stuttgarter Kerngebiet zu konzentrieren. Leo dementiert: „Dahingehend ist nichts geplant.“

Nur 250 Elektroautos in Ludwigsburg

Viele Hoffnungen setzte man in Ludwigsburg auch in BMW, diese jedoch wurden ebenfalls enttäuscht. In sechs deutschen und vier europäischen Großstädten sowie in San Francisco ist der bayerische Konzern mit dem Carsharing-Angebot Drivenow aktiv. Die Flotte besteht nur teilweise aus elektrisch betriebenen Fahrzeugen, und die Region Stuttgart ist für BMW nicht interessant. „Wir sehen die besten Voraussetzungen für Carsharing in Städten mit mindestens 750 000 Einwohnern“, sagt die Sprecherin Aurika von Nauman. Dass Drivenow expandieren werde, sei sicher. „Aber wir haben momentan keine deutschen Städte im Fokus, sondern konzentrieren uns auf Europa und Nordamerika.“

Ludwigsburg wird auf anderen Wegen versuchen müssen, die E-Mobilität voranzutreiben. Aktuell sind nach Angaben der Verwaltung lediglich 250 Elektroautos in der Stadt angemeldet. Noch in diesem Jahr soll daher, unterstützt von der Wirtschaft, eine Informationskampagne gestartet werden. „Wir wollen dem Thema wieder neuen Schwung geben“, sagt Tanja Lukasik.