Stuttgart wollte Rennen der Formel E ausrichten. Jetzt steigt Mercedes aus. Für die Stadt fällt damit ein riskantes Engagement endgültig ins Wasser.

Mit 300 Sachen in die Haarnadelkurve – so könnte man im Nachhinein den vor einem Jahr gescheiterten Versuch des ehemaligen Stuttgarter OB Fritz Kuhn (Grüne) und seines Stabstellenleiters Michael Münter beschreiben. Sie wollten von 2022 an mehrere WM-Rennen der nur mäßig bekannten Formel E einkaufen. Kuhn hatte im Gemeinderat auf die angeblich tragende Rolle der E-Rennen bei der Mobilitätswende als Höhepunkt einer Themenwoche im Neckarpark verwiesen. Wegen der Beteiligung von Mercedes und Porsche sei das kommunale Engagement zudem ein wichtiger Teil der Standortpolitik für diese Unternehmen.

 

14 Monate später wurde Nyck de Vries nun auf einem Mercedes Weltmeister in dieser mit Elektroboliden gefahrenen Rennserie, ohne dass das auf nennenswertes Interesse gestoßen wäre. Noch schlimmer: der Untertürkheimer Autobauer hat nach dem Titelgewinn - wie BMW und Audi - seinen Ausstieg aus der Serie angekündigt, weil sich daraus offensichtlich weniger Kapital und Erkenntnisgewinn ziehen lässt als mit dem Engagement im Rennzirkus mit Verbrennungsmotoren. Nur Porsche verbleibt noch - vorläufig - als Stuttgarter Zugpferd im Rennstall.

Nicht alle ließen sich einwickeln

Man mag sich gar nicht vorstellen, dass sich die öko-soziale Mehrheit im Gemeinderat und die AfD seinerzeit von der Rathausspitze hätte einwickeln lassen und wie CDU, FDP und Freie Wähler grünes Licht zu Verhandlungen mit dem Rennveranstalter gegeben hätte. In der Mercedes-Benz-Arena hätte man 300 Haupttribünenplätze geopfert, um für fünf Millionen Euro zwei Durchfahrten verbreitern. Jaguar, Nissan, Nio und Mahindra hätten ihre Markenbotschaft vor dem Daimler-Werkstor verbreiten dürfen. Der Rat hatte aber gerade noch die Kurve gekriegt: Vor der Abstimmung war die SPD ins gegnerische Lager gewechselt.

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