Auch die neue Kultusministerin hält an der alten Praxis fest: In den Sommerferien gibt es kein Gehalt für Junglehrer und Vertretungslehrer.

Stuttgart - Lehrer mit befristeten Arbeitsverträgen und Referendare nach Abschluss ihrer Ausbildung müssen auch in Zukunft in den Sommerferien eine unbezahlte Durststrecke überwinden. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) erteilte in der Landtagssitzung am Mittwoch Forderungen der Opposition eine Absage, Vertretungslehrer und Junglehrer in den Sommerferien zu bezahlen. „Wir werden an dem Vorgehen weiter festhalten“, sagte die Politikerin. Damit setzt Eisenmann die jahrzehntelange Praxis in Baden-Württemberg fort. Knapp 40 Millionen Euro im Jahr würde es nach Eisenmanns Berechnungen kosten, die frisch examinierten Lehrer und die Vertretungslehrer während der sechs Wochen im August bis Mitte September zu bezahlen. Sie bezeichnete das Vorgehen als „nicht völlig unzumutbar, man kann es begründen und darstellen“, den Lehramtsanwärtern winke nach den Sommerferien immerhin ein sicheres Beamtenverhältnis.

 

Referendar denkt über Hartz IV nach

Da ist Christian Mehrmann anderer Ansicht. Er absolviert sein Referendariat in Freiburg und spielt mit dem Gedanken, im Sommer Hartz IV zu beantragen. Der Deutschen Presseagentur sagte der 31-Jährige: „Ich finde das eine unnötige Sparmaßnahme in einer Zeit, in der man als junger Lehrer auf das Geld angewiesen ist“. Bei einem Monatsgehalt von 1311 Euro habe er nichts auf die hohe Kante legen können.

Auf die Zeitverträge für Vertretungslehrer will Kultusministerin Eisenmann (wie ihre Vorgänger) ebenfalls nicht verzichten. „Wir brauchen diese Zeitverträge, ich muss kurzfristig auf längere Ausfälle reagieren können“, erklärte sie in der Plenardebatte. Eigentlich wäre noch mehr Flexibilität notwendig, sagte Eisenmann. Weniger als drei Prozent der etwa 118 000 Lehrer im Südwesten sind laut Kultusministerium befristet beschäftigt.

Erstaunt über Antrag der SPD

Erstaunt zeigte sich Eisenmann wie die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU, dass der Antrag, die Betroffenen über die Sommerferien hinweg zu bezahlen, von der SPD kam. Schließlich habe sie bis zum Regierungswechsel im Frühjahr 2016 sowohl den Kultusminister wie auch den Finanzminister gestellt. Allerdings ist die Forderung bei Oppositionellen jeglicher Couleur im Landtag seit Jahren sehr beliebt. In ihren Wahlprogrammen haben sie zudem Grüne wie CDU aufgenommen. Das vergaß Stefan Fulst-Blei, der bildungspolitische Sprecher der SPD, nicht zu erwähnen. Dafür, dass die grün-rote Landesregierung das Vorhaben nicht umgesetzt hat, schob er flugs den Schwarzen Peter den Grünen zu. „Wir haben nicht vergessen, dass die Grünen blockiert haben“, sagte Fulst-Blei im Landtag.

Referendare sollten nahtlos angestellt werden, fordert die SPD. Die Zeit sei zur Vorbereitung notwendig. „Es handelt sich nicht um Urlaub, niemand kann aus dem Stand 25 Stunden Unterricht halten“, argumentierte der Lehrer Fulst-Blei. Auch an die Fairness als Arbeitgeber appellierte der SPD-Politiker. Das Land sollte alle rechtlichen Möglichkeiten überprüfen, so bezahle Nordrhein-Westfalen Lehrer mit Zeitverträgen auch dann in den Ferien, wenn sie im Februar einen Vertrag erhaltne hätten, in Hessen sichere eine Beschäftigungsdauer von 39 Wochen die Fortzahlung während der Ferien. „Warum soll in Baden-Württemberg nicht möglich sein, was in Hessen und NRW machbar ist“, fragte Fulst-Blei.

Abgeordnete wollen Lehrerberuf attraktiv halten

Es gelte Abwanderungen zu verhindern und den Lehrerberuf attraktiv zu halten, erklärten Redner aller Fraktionen. Timm Kern (FDP) sieht die CDU am Zug. Er vermutet die Grünen „im Bremserhäuschen“ und erwartet von der CDU „mehr Mut zur Auseinandersetzung mit dem Koalitionspartner“. Entlassungen von Vertretungslehrern während der Sommerferien bezeichnete er als einen „unwürdigen Zustand, den jede Landesregierung beseitigen sollte“. Rainer Balzer (AfD) bezeichnete es als „Zeichen mangelhafter Personalplanung“ wenn rund 400 Lehrer seit mehreren Jahren befristet eingestellt seien. Das habe „mit Fürsorgepflicht nichts zu tun“. Sandra Boser (Grüne) verwies darauf, dass Baden-Württemberg seine Lehrer mit am besten bezahle.