Initiator Christoph Schlude ist nach der Entscheidung des Gemeinderats gegen seine Pläne für einen Mittelalter-Park bei Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) frustriert. Die Hoffnung, den Themenpark dennoch in der Region verwirklichen zu können, gibt er aber nicht auf.
Die Stühle in der Sporthalle in Unterriexingen reichten am Dienstag nicht aus. 120 Bürger waren gekommen, um die Sitzung des Markgröninger Gemeinderats live zu verfolgen. Der Grund für das Interesse: Das Gremium beriet über den Mittelalter-Themenpark, der auf Feldern im Südwesten der Stadt hätte verwirklicht werden sollen. Doch dazu kommt es nicht. Der Rat stimmte mit großer Mehrheit gegen das Vorantreiben der Planung. Schien es jüngst so, als befinde sich das Projekt auf der Zielgeraden, entwickelte sich in kürzester Zeit eine andere Dynamik. Mit dem Ergebnis, dass der in der Region einmalige Park nicht gebaut wird.
Das Publikum applaudierte bei der Entscheidung, am Ausgang gab es Schulterklopfen. Viele Bürger hatten das Vorhaben in Mails an das Rathaus und die Stadträte massiv kritisiert – seit klar war, dass die erste Abstimmung ansteht. Sie fühlten sich nicht ausreichend informiert, befürchteten weiteren Verkehr auf der überlasteten Ortsdurchfahrt und Lärm im Wohngebiet „Auf Hart“, von dem man auf den Park hätte hinunterschauen können. Er wäre dort entlang der Landstraße Richtung B10/Hochdorf entstanden.
Schwierige Abwägung bei Vor- und Nachteilen
Acht Bürger äußerten in der Einwohnerfragestunde ihre Bedenken zum Thema und ernteten teils Applaus von Mitbürgern. So auch die Frage von Arndt Zwicker: „Für welchen Preis verkaufen wir uns?“ Denn neben den Nachteilen versprach das Projekt auch Vorteile: wichtige Gewerbesteuereinnahmen für die klamme Stadtkasse. Die Stadt hätte zudem keinen Cent bezahlen müssen. Die nötigen 30 Millionen Euro hätte, so sein Versprechen, Investor Christoph Schlude aus Bietigheim-Bissingen aufgebracht. Profitieren können hätte auch der Tourismus, was unabhängig vom Park in einem Stadtentwicklungskonzept als Ziel erarbeitet worden war.
Bürgermeister Jens Hübner gestand in Anbetracht all der Kritik, einen Fehler gemacht zu haben. „Bei der Tragweite dieses Vorhabens hätte ich die Bürger früher einbeziehen müssen. Das habe ich versäumt.“ Statt nur darüber abzustimmen, ob das Projekt fortgesetzt wird, schlug er vor, dem Investor die Möglichkeit zu geben, eine öffentliche Infoveranstaltung abzuhalten – um danach erneut abzustimmen. Auch die Idee eines Bürgerentscheides kam auf. Die Diskussion über das Vorgehen mündete im Antrag der SPD, eine Bürgerinfo abzuhalten. Doch sogar die lehnte das Gremium mit 8:15 Stimmen ab.
So wurde doch über den Grundsatz abgestimmt: Nur drei Räte und der Bürgermeister sprachen sich für die weitere Planung aus, drei enthielten sich. 16 legten ihr Veto ein. Wegen des Verkehrs und Lärms, aber auch wegen der angezweifelten Glaubwürdigkeit der Zahlen und des Verlusts der Ackerfläche.
„Wir sind natürlich ordentlich frustriert“, sagt Investor Christoph Schlude am Morgen nach der Sitzung. Leider hätten sich die Räte „von der Flut an Negativität“ beeinflussen lassen. Jene, die für den Park waren, kämen für gewöhnlich nicht in eine solche Sitzung. Bei ihm hätten sich jedoch viele Befürworter gemeldet. „Es ist bekannt, dass kritische Stimmen immer am lautesten sind, aber nicht die Mehrheit repräsentieren. Ich finde es sehr enttäuschend, dass sich der Gemeinderat so davon beeindrucken lassen hat.“
In der Sitzung sei es, so sein Eindruck, eher um Populismus als um Fakten gegangen. „Es klang ein bisschen so, als sei das Firlefanz. Aber wir haben uns zwei Jahre damit auseinandergesetzt.“ Auch sei die mögliche Gewerbesteuerhöhe, anders als es in der Sitzung rüberkam, zusätzlich von Steuerexperten geprüft worden. Je nach Besucherzahl hätte diese 1,2 bis 2,6 Millionen Euro im Jahr betragen, so Schlude. Ob das tatsächlich so gekommen wäre, daran hatten mehrere Räte aber großen Zweifel.
Verkehr als ausschlaggebender Kritikpunkt
Für befremdlich, „ja in der Art wahrscheinlich einmalig“, empfindet der Investor es, dass ihm mehr oder weniger vorgeworfen wurde, sich auch um die Belange der Stadt zu kümmern. So betitelte ein Bürger ihn als „eierlegende Wollmilchsau“, die alle Probleme auf einmal lösen wolle. Ihn störe das, „weil der Stadt selbst die Ideen fehlen und sie nicht weiß, woher sie das Geld nehmen soll“. FDP-Rat Joachim Blank, dem am Ende die Zahlen nicht valide genug waren, merkte in Anbetracht der Ideen an, dass alles sei „fast zu schön um wahr zu sein“. So hatte Schlude ein Lehrschwimmbecken ins Spiel gebracht, die Kindergärten und Schulen hätten Angebote nutzen können, das Thema Fernwärme wäre vorangeschritten und der Indoor-Spielplatz hätte im Katastrophenfall als Aufenthaltsort gedient. Gründe, warum sich viele Räte in der Abwägung schwer taten. Pedro Torres Fernandes (SPD) brachte es aber auf den Punkt: „Das Verkehrsproblem überwiegt alle positiven Punkte.“
Da die Straßen schon überlastet sind, änderte daran auch die Erstschätzung nichts, dass 80 Prozent der Besucher über die Bundesstraße 10 angereist wären. Denn sehr wahrscheinlich ist: Jene aus dem Norden und Nordosten wären tatsächlich durch die Stadt gefahren.
Das Projekt Mittelalterpark
Planung
Der Park hätte in Markgröningen knapp zehn Hektar umfasst und wäre mit dem Thema Mittelalter in der Region wohl einmalig gewesen. Geplant waren Shows und Ritterturniere, Attraktionen wie Wasserspiele, Bogenschießen oder auch angeleitetes Handwerken. Elektronische Fahrgeschäfte waren nicht vorgesehen. Für schlechtes Wetter und den Winter war ein Indoor-Spielplatz geplant. Eine Taverne wäre auch für Gäste außerhalb des Parks geöffnet gewesen. Entstanden wären rund 80 bis 100 Arbeitsplätze.
Wie geht’s weiter?
Aufgeben möchte Investor Christoph Schlude nicht. „Der Mittelalter-Park ist ein Lebenstraum von mir und Träume funktionieren nicht, wenn man nicht dafür kämpft.“ Er, der eine Immobiliengesellschaft gründete, um sich die Grundstücke zu sichern, und seinen vorherigen Job aufgab, hofft weiterhin, den Park verwirklichen zu können. Am liebsten in der Region Stuttgart.