Die Pläne zum Neubaugebiet „Am Graben“ landen vorerst in der Schublade. Bei Weissachs Politikern löst das auf der einen Seite Freude, auf der anderen Enttäuschung aus.

Weissach - Kaum 13 Stunden ist es her, dass die Weissacher über die Zukunft des Neubaugebiets „Am Graben“ abgestimmt haben, da sticht Bürgermeister Daniel Töpfer (CDU) mit der Spatenspitze in den symbolischen Erdhaufen eines ganz anderen Neubaugebiets: Das Gewerbegebiet Neuenbühl im Teilort Flacht wird erweitert. Auch hier gab es einige Diskussionen zum Thema Umweltschutz, mit dem Landratsamt wurde eine Ausgleichslösung vereinbart, nun rollen die Bagger. Anders lief es im benachbarten Teilort Weissach – ein kommunales Neubaugebiet wird es hier vorerst nicht geben. Bei einem entsprechenden Bürgerentscheid am Sonntag sprachen sich 55,2 Prozent der Wähler gegen das Neubaugebiet aus.

 

Töpfer lobt hohe Wahlbeteiligung

„Es ist die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger und die gilt es zu akzeptieren“, sagt Bürgermeister Daniel Töpfer am Montag zum Ergebnis der Wahl. Er hatte sich mit der Gemeindeverwaltung für das Neubaugebiet ausgesprochen. „Klar ist da Enttäuschung dabei“, sagt er. „Es wird mindestens in den nächsten fünf Jahren keine kommunalen Neubauplätze geben, was ich wirklich ausdrücklich bedauere.“ Man habe mit den Neubauplätzen besonders den Bedarf aus der eigenen Gemeinde decken wollen. Diesen Menschen müsse man nun sagen, dass die Einwohner sich mehrheitlich gegen das vorerst letzte mögliche Neubaugebiet in Weissach entschieden haben.

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Immerhin, lobt Daniel Töpfer, sei die Wahlbeteiligung hoch gewesen. Knapp 75 Prozent der Wahlberechtigten Weissacher schritten beim Bürgerentscheid an die Urne – ein repräsentatives Ergebnis. Die Differenz zwischen „Ja“- und „Nein“-Stimmen lag bei gut zehn Prozent: 55,2 zu 44,8.

Entscheidung muss akzeptiert werden

Es sei ein demokratischer Prozess, findet auch Andreas Pröllochs, stellvertretender Bürgermeister und Fraktionsvorsitzender der Bürgerliste. Das Ergebnis müsse respektiert werden. Für ihn sei der Wahlausgang also „völlig in Ordnung“. Er habe sich gewünscht, dass man jungen Familien ein Angebot für erschwinglichen Baugrund hätte machen können. Dass Wohnraum in der Gemeinde frei werde, wenn ältere Menschen in ein Seniorenheim wechseln oder sich verkleinern, stimme sicherlich auch. „Dieser Platz wird aber nicht zu dem Preis verkauft, den wir als Gemeinde anbieten könnten.“

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Nicht zufrieden, aber auch nicht überrascht ist Frank Bauer, Gemeinderat der Freien Wähler. „Das Engagement aufseiten der Befürworter war einfach zu gering“, sagt er. Frank Bauer war einer der lauten Verfechter des Neubaugebiets und in den vergangenen Wochen immer wieder beim BUND angeeckt. Nun schlägt er versöhnliche Töne an – er habe dem BUND am Montagmorgen zu einer gelungenen Kampagne gratuliert, berichtet Frank Bauer. „Sie haben mit viel Engagement und Leidenschaft ihr Thema verfolgt“, erklärt er. Jetzt müsse man gemeinsam schauen, welche Lösungen es mit Blick auf die Innenentwicklung gibt.

Zufriedenheit bei Grünen, UL und BUND

Durchaus ekstatischer auf das Ergebnis blickt man unterdes bei den Grünen und der Unabhängigen Liste (UL). Susanne Herrmann, UL-Fraktionsvorsitzende, ist „mehr als zufrieden“, betont aber auch, dass es ihr und ihren Kollegen besonders um die Bürgerbeteiligung als demokratisches Mittel an sich ging. „Durch das Ausmaß und die Größe des Gebiets war uns einfach wichtig, dass der Bürger überhaupt mitreden darf.“ Die Entscheidung der Weissacher sei kein generelles „Nein“ zum Neubaugebiet. Vielmehr habe man Tempo aus dem Prozess nehmen und eine Spirale bezüglich des Flächenverbrauchs unterbrechen wollen.

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Zufrieden zeigen sich auch die Grünen: Sie sei sehr froh über das Ergebnis, sagt etwa Grünen-Gemeinderätin Angelika Brümmer. Auch sie betont, dass es nicht um eine generelle Ablehnung des Projekts ging. „Wir haben nicht gesagt: gar nicht, nie, sondern besser durchdacht.“ Das betreffe etwa den Verkehr: Die beiden Straßen, die zum Gebiet „Am Graben“ führen, seien jetzt schon überlastet.

Außerdem schlagen die Grünen vor, einen Flächenmanager einzustellen, der sich den Leerständen in der Gemeinde annimmt. Umverteilung sei hier ein Stichwort – also etwa Älteren bessere Möglichkeiten zu bieten, damit diese nicht in großen Häusern wohnen bleiben müssen. Die Stelle eines Flächenmanagers fordert auch der BUND: Das Wahlergebnis sei auch der unmissverständliche Auftrag der Bürgerschaft an die Kommunalpolitik, die Leerstände der beiden Ortsteile zu erheben und auszuwerten, heißt es in einer Mitteilung der Naturschützer.

Wie geht es weiter?

Und nun? Der Aufstellungsbeschluss für das Neubaugebiet „Am Graben“ wandert für „die nächsten drei Jahre erst einmal in die Schublade“, sagt Bürgermeister Daniel Töpfer. Es gelte nun zu reflektieren: „Passt das zur Politik, die uns antreibt?“ Außerdem möchte er mit dem Gemeinderat ins Gespräch kommen und die Gemeinde nach Restpotenzial in Sachen Baugrund „scannen“. „Mehr wird nicht passieren“, schließt er ab. „Es gibt eben keine anderen Flächen.“