Beruht das umstrittene Verbot von Abendspielen im neuen Freiburger Stadion auf einem Irrtum? Das will das Gericht nun selbst prüfen. Aber räumen die Richter bereits ihren Fehler ein?

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Freiburg/Mannheim - Der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof (VGH) wird sein umstrittenes Verbot von Abendspielen im neuen Freiburger Stadion überprüfen. Das teilte das Gericht am Donnerstag mit. Es reagiert damit auf Kritik des Freiburger Regierungspräsidiums (RP), das den Richtern einen fehlerhaften Beschluss unterstellt. Der Senat habe eine veraltete Version der Bundesimmissionsschutzverordnung angewendet, als er Spiele nach 20 Uhr und sonntagmittags untersagt habe, argumentierte die Behörde. Sie hatte den Stadionbau vor einem Jahr ohne zeitliche Beschränkungen genehmigt. Seit einem halben Jahr wird gebaut.

 

„Wenn das Regierungspräsidium, wie angekündigt, Anhörungsrüge einlegt, wird in diesem Verfahren eingehend zu prüfen sein, ob tatsächlich nicht aktuelle Lärmgrenzwerte zugrunde gelegt wurden und – falls ja – ob das Auswirkungen auf die ausgesprochene teilweise Nutzungsuntersagung hat“, heißt es in einer Mitteilung des VGH. Alle Beteiligten könnten dann ausführlich Stellung beziehen. „Wir sind zuversichtlich, dass sich ein etwaiger Fehler zeitnah beheben lässt“, sagte der stellvertretende VGH-Sprecher Manfred Frank. Die Anhörungsrüge sei dafür ein gutes Mittel. Der Bundestag hat sie vor 15 Jahren eingeführt. Bis dahin war zur Korrektur von Fehlern nur der Weg zum Bundesverfassungsgericht möglich gewesen.

Die Kanzlei der klagenden Nachbarn wollte sich nicht dazu äußern. Eine Sprecherin des Regierungspräsidiums betonte, ein Richter des zuständigen 3. Senats habe in einem Telefonat am Mittwoch „die Möglichkeit eines Irrtums“ eingeräumt. Frank bestätigte dies. 2017 wurden die Lärmgrenzwerte, die von Sportanlagen ausgehen dürfen, um fünf Dezibel angehoben. Die neuen Grenzwerte werden nach Ansicht des RP in dem 500 Meter vom Stadion entfernten Wohngebiet Mooswald eingehalten. Das Freiburger Verwaltungsgericht hatte die darauf fußende Baugenehmigung im Frühjahr bestätigt.

In den Reihen des obersten baden-württembergischen Verwaltungsgerichts herrscht nun Betroffenheit. Schadenfreude gibt es hingegen bei manchem Rechtsanwalt. Das Ganze sei ein Armutszeugnis für die selbst ernannte Juristenavantgarde im Land, spottete ein erfahrener Verwaltungsjurist. Eine mögliche Erklärung könnte die angespannte Personalsituation am VGH sein. Im Sommer hat der Präsident des Gerichts über unbesetzte Stellen geklagt. So ist der Vorsitz im für Baurecht zuständigen 3. Senat seit Monaten vakant. Ein VfB-Fan in Richterrobe, wie mancher Witzbold bereits vermutet, steckt jedenfalls nicht hinter der Entscheidung. Der zuständige Berichterstatter ist nach Informationen dieser Zeitung eher als SC-Sympathisant bekannt – tragischerweise.