Eine Ausstellung über die ehemalige keltische Siedlung am Heidengraben in Erkenbrechtsweiler ist zwar ein voller Erfolg, wird aber wohl nicht zur Dauereinrichtung werden.

Erkenbrechtsweiler - Die Kelten haben ihr Wohnzimmer zurückerobert. So lassen sich die von begeisterten Besuchern für das ausliegende Gästebuch verfassten Kommentare auf den Punkt bringen. Die Ausstellung „Kelten, Kalats, Tiguriner – Archäologie am Heidengraben“ passt unter das Dach des Bürgerhauses von Erkenbrechtsweiler wie einst Obelix’ Faust auf das Auge eines Römers. Rund 1500 Besucher haben die Schau in den ersten drei Wochen schon besucht.

 

„Das ist eine tolle Ausstellung in einem tollen Umfeld. Wir sind vom Zuspruch schlichtweg begeistert“, sagt der Erkenbrechtsweiler Bürgermeister Roman Weiß, um im gleichen Atemzug dem Ansinnen, der am 21. Mai schließenden Ausstellung einen dauerhaften Platz im Bürgerhaus einzuräumen, eine Absage zu erteilen. „Wir brauchen den Raum für unsere Vereine, für die Volkshochschule und für private Nutzungen – ganz abgesehen von den Kosten und von dem Betreuungsaufwand für eine Dauerausstellung“, sagt der Schultes. Gut möglich aber, dass das freigeschlagene Zeitfenster um zwei Wochen vergrößert wird. „Wir stehen in Verhandlungen wegen einer Verlängerung“, sagt Weiß.

Inszenierungen erwecken Schaustücke zum Leben

Versammlungsort, Zuflucht, Siedlung, Handelszentrum – das sind die Nutzungen, die dem größten keltischen Oppidum auf europäischem Festlandboden zugeschrieben werden. Der die Siedlung umschließende Befestigungswall, der Heidengraben, schützt die Berghalbinsel an ihren offenen Flanken. „Großzügiges Anwesen in bester Halbhöhenlage“ formulieren die Ausstellungsmacher auf einer Schautafel. Auch ohne neuzeitliche Immobilienwerbung hatte das Oppidum in seiner Blütezeit kurz vor der Jahrtausendwende wohl bis zu 10 000 Einwohner gezählt. Auf den kargen Äckern der Schwäbischen Alb haben die Archäologen die Überreste einer Kultur gefunden, die nicht nur hoch entwickelt war, sondern offensichtlich auch vom regen Austausch mit den oberitalienischen Handelszentren profitiert hatte. So sind am Heidengraben Amphoren gefunden worden, die aus der Gegend von Turin stammen. Nicht umsonst hat der griechische Geschichtsschreiber Diodor im 1. Jahrhundert vor Christus vermerkt, dass die Trunksucht der Gallier in erster Linie der Geldgier der römischen Kaufleute gedient habe.

Eine Großwaage, verschiedene Waffen, ein Rasiermesser, Keramik und Schmuck – alle rund um den Heidengraben und im Gräberfeld am Burrenhof gefunden – zeigen, dass die alten Kelten oben auf der rauen Alb auch ihre nüchternen Momente gehabt haben müssen. Projektionen, Schautafeln und Inszenierungen erwecken die Schaustücke zum Leben und zeigen anschaulich, weshalb die Kelten acht Jahrhunderte lang Handwerk, Kunst und Kultur in Europa geprägt haben, bevor sie den Römern das Feld überließen.

Baumhoroskope und Misteln für den modernen Esoteriker

Der magische Nebel, der mangels schriftlicher Zeugnisse über dem Volksstamm liegt, weht allerdings bis in die Gegenwart hinein. Keltische Baumhoroskope, Druiden, Zauberer, Misteln und verschlungene Bildmotive bedienen den Esoterik-Markt. Ob sich die Kelten auch als Starthilfe für touristische Höhenflüge eignen, ist auf der Vorderen Alb noch nicht ganz ausdiskutiert. Die Ausstellung ist ein Baustein in dem Vermarktungspuzzle, das der Verein Fakt gemeinsam mit den Heidengraben-Kommunen Erkenbrechtsweiler, Hülben und Grabenstetten (beide Kreis Reutlingen) in mühsamer Kleinarbeit zusammenzusetzen sucht. Ein kleiner Trost: Die Archäologen sind auch noch nicht weiter als die Tourismusförderer. „Eine genaue Erforschung steht noch aus“, kommentiert das federführende Regierungspräsidium Tübingen die Tatsache, dass gerade mal ein Prozent der vom Heidengraben eingesäumten Gesamtfläche bisher archäologisch untersucht ist.

Schulterschluss am Heidengraben

Ausstellung:
Die Ausstellung „Kelten, Kalats, Tiguriner – Archäologie am Heidengraben“ ist von der Landesdenkmalpflege in Zusammenarbeit mit der Eberhard Karls Universität Tübingen entwickelt worden. Als lokale Partner sind die drei Gemeinden Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben sowie der Verein Fakt, der Förderverein für Archäologie, Kultur und Tourismus, mit im Boot.

Öffnungszeiten:
Die Ausstellung ist dienstags von 16 bis 19 Uhr und freitags von 14.30 bis 17.30 Uhr geöffnet, am Samstag sowie an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 17 Uhr. Zur Ausstellung werden Führungen (Anmeldung unter 0 70 26/9 50 51 10) angeboten.

Kalats:
Im Gegensatz zu den Kelten und den Tigurinern, einem Teilstamm der keltischen Helvetier, hat es die Kalats nie gegeben. In seinem 1878 erschienenen Jugendroman „Rulaman“ hat David Friedrich Weinland den Begriff für einen Volksstamm geprägt, der die einheimischen Steinzeitmenschen verdrängt.