Je nachdem, ob falsch ausgefüllte Wahlzettel als abgegebene Stimme zählen oder nicht ändert sich das Ergebnis bei den Präsidentenwahlen. Nach einigen Reformen ist die Zahl der ungültigen Stimmen überdurchschnittlich hoch.

Nairobi - Eigentlich sind die Vorkehrungen getroffen worden, um eine Wiederholung von Gewalttaten wie bei den letzten Wahlen zu verhindern. Nun verursachen sie beim aktuellen Urnengang gewaltigen Ärger. Ein elektronisches Zählsystem, das Wahlfälschungen verhindern sollte, erwies sich als dermaßen anfällig, dass die Wahlkommission nun dazu überging, Stimmzettel per Auto in die Hauptstadt Nairobi transportieren zu lassen. Das führte zu erheblichen Verzögerungen bei der Stimmenauszählung und zu wachsender Nervosität unter der Bevölkerung.

 

Auch am Mittwoch lag der vom Haager Strafgerichtshof angeklagte Uhuru Kenyatta bei der Präsidentschaftswahl mit 53 Prozent der Stimmen vorn. Sein Vorsprung könnte im Lauf der Auszählung allerdings noch so weit schmelzen, dass zumindest eine Stichwahl nötig wird. Denn noch fehlen vor allem die Ergebnisse aus den Hochburgen seines Konkurrenten Raila Odinga.

Fünf Prozent der Stimmen sind ungültig

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang auch die verblüffend hohe Zahl an ungültigen Stimmzetteln. Sie ist wohl ebenfalls einer gut gemeinten Reform der politischen Landschaft Kenias zuzuschreiben. So hatten die mehr als 14 Millionen wahlberechtigten Kenianer insgesamt sechs Wahlzettel auszufüllen. Mit der Einführung neuer Bezirke und der Wahl regionaler Volksvertreter wollte man der für einen Vielvölkerstaat gefährlichen Zentralisierung begegnen. Nach der Auszählung von 40 Prozent der Stimmen gibt es inzwischen schon mehr als 330 000 ungültige Wahlzettel – das sind rund fünf Prozent der abgegebenen Voten. Das wird auf die Verwirrung bei den Wählern zurückgeführt.

Obwohl sie ungültig sind, könnten diese Wahlzettel den Ausgang des Urnengangs entscheiden. Werden sie als abgegebene Stimme mitgerechnet, wird Spitzenreiter Kenyatta im ersten Wahlgang aller Wahrscheinlichkeit nach keine absolute Mehrheit erreichen. Im Fall einer Stichwahl hätte Odinga bessere Chancen: Er kann dann mit den Stimmen des Drittplatzierten, Musalia Mudavada, (derzeit drei Prozent) rechnen.

Wahlkommissionschef Ahmed Issack Hassan gab inzwischen bekannt, die ungültigen Wahlzettel als abgegebene Stimme mit zu berechnen. Das sei auf Intervention ausländischer Diplomaten geschehen, schimpfte Kenyattas potenzieller Stellvertreter, der ebenfalls vor dem Haager Strafgerichtshof angeklagte William Ruto: „Wir sind sehr besorgt über den Grad an Beeinflussung, die Botschafter und andere Ausländer auf die Wahlkommission ausüben.“

Der Kandidat greift den britischen Botschafter an

Kenyatta selbst griff den britischen Botschafter in Kenia, Christian Turner, persönlich an: Dessen „schattenhafte, verdächtige und ziemlich engagierte Einmischung“ habe die Kommission zu der Entscheidung veranlasst, tobte der Präsidentschaftskandidat. Unabhängige Beobachter weisen indessen auf den Text der neuen Verfassung hin, wonach ein Kandidat, um bereits im ersten Wahlgang zu gewinnen, „mehr als die Hälfte aller abgegebenen Stimmen“ auf sich vereinen muss. Zu den „abgegebenen Stimmen“ gehörten auch falsch ausgefüllte Wahlzettel, hieß es.

Wahlkommissionschef Hassan rief die Bevölkerung unterdessen zur Ruhe auf. „Keiner soll bereits feiern und keiner soll sich beklagen“, beschwor der Jurist die zunehmend nervöse Wählerschaft. Viele befürchten, dass es bei der Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse erneut zu Gewaltausbrüchen kommen könnte. Auch vor fünf Jahren hatten die Unruhen nicht schon bei der Stimmabgabe, sondern erst bei der Bekanntgabe der von Odingas Anhängern als manipuliert betrachteten Wahlergebnisse begonnen.