Das wappenähnliche Baden-Württemberg-Signet wird abgeschafft. Damit will das Land seine offiziellen Herkunftszeichen für Lebensmittel schützen. Ein Bußgeldverfahren gegen eine Handelskette läuft derzeit.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die offizielle Abschaffung des Baden-Württemberg-Signets bedeutet nicht, dass das an das Landeswappen angelehnte Zeichen mit den drei Stauferlöwen künftig frei verwendet werden kann. Dies hat das Staatsministerium jetzt in der Antwort auf eine Anfrage der Landtags-FDP klargestellt. Das Land werde auch künftig gegen die „missbräuchliche Verwendung“ der Symbole vorgehen, schrieb Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) dem FDP-Abgeordneten Friedrich Bullinger.

 

Hintergrund der Anfrage war die nach Recherchen von Stuttgarter Zeitung und „Spiegel“ bekannt gewordene Absicht, das im Jahr 2000 eingeführte BW-Signet wieder abzuschaffen. Ursprünglich sollte es von jedem verwendet werden dürfen, der seine „Verbundenheit mit dem Land Baden-Württemberg zum Ausdruck bringen“ wolle – Bürgern, Verbänden und auch Gewerbetreibenden. Im Lebensmittelhandel wurde das Zeichen aber zunehmend zu Werbezwecken eingesetzt. Dadurch sah das Land das offizielle Herkunfts- und Qualitätszeichen für Agrarprodukte aus dem Südwesten verwässert, das nur nach strengen Kriterien und damit verbundenen Kontrollen vergeben wird.

Kaufland verzichtet nicht freiwillig

Bei den Handelsketten stieß die Regierung aber teilweise auf taube Ohren. So weigerte sich etwa die zum Lidl-Konzern gehörende Kaufland-Gruppe, auf die drei Stauferlöwen an den Regalen zu verzichten. Sie berief sich auf die im Internet veröffentlichten Regeln für das BW-Signet. Das rechtliche Vorgehen dagegen stoppte das Land wegen angeblich unsicherer Aussichten. Als Konsequenz wird das Zeichen jetzt ganz abgeschafft.

Dies sei aber „nicht gleichbedeutend mit dessen allumfassender Freigabe“, stellte Minister Murawski nun klar. Bei Missbrauch oder Irreführung im Zusammenhang mit Lebensmitteln würden wie bisher das Agrarministerium und die ihm nachgeordnete Marketinggesellschaft MBW tätig. Diese hatte die Abschaffung des BW-Signets als „längst überfällig“ bezeichnet. Im Fall eines Verstoßes, auf den die FDP hingewiesen hatte, läuft der Antwort zufolge inzwischen ein Bußgeldverfahren: Die Handelskette Real hatte Produkte aus Baden-Württemberg mit einer Art Landesflagge beworben. Das Verfahren werde wohl drei bis sechs Monate dauern, sofern kein Einspruch eingelegt werde, hieß es.

BUND zahlt 150 Euro Bußgeld – plus Gebühren

Bereits geahndet wurde laut Murawski die Verwendung des Landeswappens durch den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Organisation Campact. Sie hatten es vor der Landtagswahl bei einer Kampagne gegen das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP genutzt. „Wir können alles, auch TTIP stoppen“, stand in Anlehnung an die offizielle Imagekampagne auf einem Türhänger, darüber prangte das Große Landeswappen mit Hirsch, Greif und Stauferlöwen. Die Bußgeldbescheide seien inzwischen rechtskräftig, teilte die Regierung mit, nannte aber keine Beträge. Eine BUND-Sprecherin sagte, man habe 150 Euro Bußgeld und 28,50 Euro Bearbeitungsgebühr gezahlt.

Der FDP-Abgeordnete Bullinger plädierte für eine „harte Linie“ beim Missbrauch von Marken- oder Hoheitszeichen, „ganz unabhängig davon, ob die Schuldigen Umweltlobbyisten oder große Lebensmittelkonzerne sind“. An Agrarminister Peter Hauk (CDU) appellierte er, „konsequent aufzuräumen“ und im Interesse von Verbrauchern und Landwirten ein „schlüssiges Gesamtkonzept für Regionalität“ vorzulegen. Hauks Vorgänger Alexander Bonde (Grüne) habe „viel Geld und Zeit mit allerlei unsinnigen Selbstdarstellungs- und Volksbelehrungskampagnen“ vergeudet. Marktaufsicht und Lebensmittelüberwachung bräuchten zudem eine „ordentliche Ausstattung“.

Murawski kündigt Info-Offensive an

Für das kommende Jahr kündigte Minister Murawski eine Informationskampagne zu den Qualitätsprogrammen des Landes an. Nachdem diese von der EU-Kommission bis 2021 beihilferechtlich genehmigt worden seien, werde „ein besonderer Schwerpunkt auf Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Verbraucherinformation … gesetzt“. Ziel sei es, die Vorgaben für das Herkunfts- und das Biozeichen herauszustellen.