450 Jahre Johannes Kepler und 60 Jahre bemannte Raumfahrt – ein Grund, in der Keplerstadt zu feiern. Nun ist dort die erste Raumfahrer-Allee Deutschlands eröffnet worden.

Weil der Stadt - Ob sich Johannes Kepler das hätte träumen lassen, dass gut 400 Jahre nach der Veröffentlichung seiner weltverändernden astronomischen Entdeckungen tatsächlich Menschen ins Weltall, in die „öden Weiten des Raumes“, wie Kepler in einem Brief an Galileo Galilei das All bezeichnet hat, fliegen? Wer weiß.

 

Ohne Kepler keine Raumfahrt

Der deutsche Astronom, Physiker, Mathematiker und Naturphilosoph Kepler entdeckte die grundlegenden Gesetze der Planetenbewegung, die in den drei Keplerschen Gesetzen zusammengefasst werden. Damit schuf er die Voraussetzungen für die heutige Luft- und Raumfahrttechnik, die es dem Menschen ermöglicht, ins All zu fliegen. „Ohne die essenziellen Entdeckungen Keplers wäre die Raumfahrt nicht möglich, auch, wenn die modernen Techniken die Erkenntnisse verfeinert haben“, da ist sich Ulf Merbold sicher. Der Astronaut Ulf Merbold ist einer von drei mutigen Menschen, die sich den „öden Weiten“ gestellt haben – er war am Samstag in Weil der Stadt zu Gast, zusammen mit dem ebenfalls deutschen Astronauten Ernst Messerschmid und dem russischen Kosmonauten Gennadi Padalka. Die drei Raumfahrer haben, eingeladen von der Kepler-Gesellschaft Weil der Stadt, auf dem frisch umgebauten Weiler Marktplatz Deutschlands erste Raumfahrt-Allee eingeweiht.

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Eine direkte Verbindung

In schnurgerader Linie ziehen sich die frisch eingepflanzten Bäumchen der Allee rechts und links des Denkmals, jedes wird bald eine Plakette mit den Daten der Raumfahrer zieren, die die Keplerstadt besucht haben. Merbold, Messerschmid und Padalka sind die Ersten, deren Namen auf der neuen Raumfahrt-Allee der Keplerstadt verewigt werden. In Zukunft wollen Stadt und Kepler-Gesellschaft auch weiterhin Astronauten ins Heckengäu einladen, die dann ebenfalls eine Plakette bekommen sollen. Falls an den Bäumen der Platz nicht ausreicht, könnten auch noch weitere gepflanzt werden.

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„Weil der Stadt und die moderne Raumfahrt sind direkt verbunden“, erklärt Margarita Riedel, Vorstandsmitglied der Kepler-Gesellschaft, das Projekt. Kepler habe die bemannte Raumfahrt mit seinen Forschungen nicht nur wesentlich geprägt, sondern sie auch vorhergesehen – und das vor über vier Jahrzehnten. „Warum kommen Raumfahrer nach Weil der Stadt? Weil sie sich im All alle auf Keplerbahnen bewegen“, ergänzt Riedel.

Die drei ersten weit gereisten Besucher haben nun ihre Plakette erhalten – und beim Festakt am Samstag mit strahlendem Sonnenschein nicht nur Keplers Geburtstag, sondern auch das sechzigjährige Jubiläum der bemannten Raumfahrt gefeiert. Auch Bürgermeister Christian Walter freut sich über den Besuch und würdigte den Einsatz der Kepler-Gesellschaft, eine Raumfahrt-Allee zu etablieren, als großes Geschenk. Die Stadt ist stolz auf ihren berühmten Sohn und die Umtriebigkeit der Gesellschaft.

Eine Zukunft der Menschheit im All?

Irina Padalka begleitet ihren Mann Gennadi, dem Mann, der mit 878 Tagen der Mensch ist, der die längste Zeit im Weltall verbracht hat. Die „öden Weiten“ haben ihn nicht geschreckt, der Oberst der Luftwaffe und Militärpilot erster Klasse geht mit kühlem wissenschaftlichem Verstand ins All: „Es sind ja nur 400 Kilometer“, sagt der 63-Jährige ruhig, „was ist das schon?“ Als öde hat er das Weltall nicht empfunden, als anders hingegen schon: „Als Kolumbus Amerika betreten hat, war auch alles anders und fremd, er hat sich sicherlich auch nicht gefühlt wie zuhause.“ Fünf Mal war Gennadi Padalka im All, fünf Mal war er Kommandant einer Weltraummission. Die Weltraumtouristen, die derzeit Schlagzeilen machen, beneidet Irina Padalka ein bisschen: „Wäre ich jünger und hätte ich die Möglichkeit dazu, würde ich auch ins All gehen“, sagt sie mit einem Lächeln. Zudem schätzt sie es, dass das Geld, die durch die privaten Mitreisenden eingenommen wird, auch der Forschung zu Gute kommt.

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Ulf Merbold findet es zwar gut, dass durch die so genannten Space Travellers mehr Menschen die Erde von oben bewundern können, doch sein Ansatz ist ein anderer. „Raumfahrer sehen die Erde von oben und dokumentieren auch die Leistungsgrenzen unserer Welt. Wir beobachten, wie die Gletscher und die Wälder sich verändern, abnehmen, wie unsere Welt sich besorgniserregend wandelt.“ Der 80-Jährige war 1983 der erste Westdeutsche im All, insgesamt hat er den Weltraum drei Mal besucht.

Erde muss beschützt werden

Sieht er die Zukunft der Menschheit in den unendlichen Weiten des Alls? Die Antwort ist klar: „Nein.“ Den heimlichen Drang, den Mond, den Mars oder sonst einen Planeten zu besiedeln, kennt er nicht. „Nirgendwo lebt es sich für uns so gut und für uns eigentlich perfekt wie auf unserer Erde. Die müssen wir behüten und beschützen, um sie so intakt wie möglich an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben“, sieht er die Aufgabe unserer Zeit. Und je mehr Menschen, privat und ohne Steuergeld finanziert, ins Weltall fliegen und die Schutzbedürftigkeit des blauen Planeten erkennen, desto besser. „Wir müssen unsere Erde beschützen.“