Günter Haußmann, Kernens Schultes im Ruhestand, feiert 80. Geburtstag. Nach schweren Zeiten sagt er: Es geht mir soweit ordentlich“.

Rommelshausen - Zeitu ng zu lesen, ist die reinste Freude für Günter Haußmann. Selbst, wenn schlechte Nachrichten darin stehen. Eine Zeit lang hatte der Kernener Alt-Bürgermeister weder die Lust, noch die Kraft, sich mit Kommunalpolitik oder Sport zu beschäftigen. „Die vergangenen zwei Jahre waren schwer, aber jetzt geht es mir soweit ordentlich“, sagt Günter Haußmann. Am Montag hat er seinen 80. Geburtstag im Kreis seiner Lieben gefeiert, am Dienstag richtet die Gemeinde einen Empfang mit 100 Gästen für ihn in der Stettener Glockenkelter aus.

 

Für das Geburtstagskind wird gesungen.Archiv Haußmann gefällt, „dass im Ort so viel geschieht“

Günter Haußmann beobachtet mit Wohlgefallen den Bau des Kernener Bürgerhauses. Als in seiner Amtszeit das Rathaus in Rommelshausen geplant wurde, fiel das Projekt Bürgersaal einem Bürgerentscheid zum Opfer. Überhaupt gefällt dem Schultes im Ruhestand, dass „im Ort so viel geschieht“. Die Sanierung der Glockenkelter, in der sich heute die Besucher zur offiziellen Geburtstagsfeier treffen, sei geglückt. „Zum einen ist das Gebälk herrlich, zum anderen ist sie nach dem Umbau barrierefrei.“

Seitdem Günter Haußmann im Rollstuhl sitzt, weiß er es zu schätzen, wenn sich ihm keine Hindernisse in den Weg stellen. „Da muss bei uns noch einiges passieren“, sagt er. Er wird sich, „wenn es so gut weitergeht“, vielleicht irgendwann einen Rollstuhl mit Elektro-Motor zulegen, um wieder mobiler zu werden.

Der gebürtige Trossinger lebt seit 50 Jahren in Rommelshausen

Der gebürtige Trossinger lebt seit 50 Jahren in Rommelshausen, das ihm und seiner Frau Brunhilde, die aus Esslingen kommt, längst schon Heimat ist. Den Kontakt zu seinem Geburtsort hat Günter Haußmann aber nie verloren. Eine seiner beiden älteren Schwestern wohnt schließlich ganz in der Nähe von Trossingen. Dass sein Sohn Jochen Haußmann Präsident des Deutschen Harmonika-Verbands ist, mit Sitz in Trossingen, freut ihn. „Ich finde es toll, es ehrt auch mich, meine Wurzeln.“ Zwar habe er selbst nie Akkordeon gespielt, aber Mundharmonika im Jugendorchester Trossingen.

Der Jubilar kann sich an einen Konzertausflug nach Bad Dürrheim kurz nach dem Krieg erinnern. „Bei uns waren ja die Franzosen als Besatzungsmacht, da gab es ein tolles Essen, und wir konnten uns richtig satt essen. Das schmeckt bis heute nach.“ Dass Günter Haußmann ein Förderer der Partnerschaften mit Frankreich war, hängt vielleicht auch ein bisschen mit dem unvergesslichen kulinarischen Jugenderlebnis zusammen.

Der Schultes im Ruhestand hat rasante Entwicklungen erlebt

In seinem nun 80 Jahre dauernden Leben hat Günter Haußmann rasante Entwicklungen erlebt. Aber seine Reden hat er immer auf der kleinen Reiseschreibmaschine seiner Frau geschrieben, und zwar mit Zehn-Finger-System. „Meine Sekretärin Inge Brazel meinte immer, ich könnte eine gute Sekretärin sein.“

Als Pensionär verließ er das „Römer“ Rathaus – übrigens einen Tag später als eigentlich nötig, weil 1992 ein Schaltjahr war und der Februar damit 29 Tage hatte – und gönnte sich keine Pause. Schon tags drauf, am 1. März, wurde er im Organisationsbüro der Leichtathletik-Weltmeisterschaften erwartet, die im darauffolgenden Jahr in Stuttgart stattfanden. „Ich war für Liegenschaften und Verpflegung zuständig und Ansprechpartner für die jungen Freiwilligen.“ Anfangs habe der Arbeitsumfang 20 Stunden in der Woche betragen. „Später war es ein Fulltime-Job.“ Günter Haußmann wurde geschätzt, weil er sich mit Ämtern, Zuständigkeiten und Genehmigungsverfahren auskannte, und weil er Schlichter, Mutmacher und ruhender Pol in der Hektik der Großveranstaltung war.

Als die WM abgewickelt war, setzte sich Günter Haußmann nicht zur Ruhe, sondern erstellte ein Organisationsgutachten für das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa). Danach übernahm er eine Beratertätigkeit bei der Deutschen Bank. Erst im neuen Jahrtausend schaltete er einen Gang zurück, konzentrierte sich auf seine Hobbys, Schreinern, Faustball und Leichtathletik. Mittlerweile ist Günter Haußmann froh, dass er wieder Spaß an Sportsendungen im Fernsehen hat, an Spaziergängen in der Natur – und am Zeitunglesen.