Der Gemeinde bleiben von der interkommunalen Remstal-Gartenschau viele schöne Erinnerungen – aber auch ein Minus von mehr als einer halben Million Euro. Nicht nur, weil die Besucherzahlen bei Veranstaltungen weit hinter den Erwartungen zurückblieben.

Kernen - Die Remstal-Gartenschau gilt gemeinhin als Erfolg. Ein halbes Jahr später zehrt man in Kernen noch immer vom neuen Wir-Gefühl, das entstanden ist. Die finanzielle Bilanz der ersten interkommunalen Großveranstaltung dieser Art fällt indes ernüchternd aus. Denn allein die Veranstaltungen im Rahmen der Remstal-Gartenschau bescheren der Gemeinde ein Defizit von mehr als einer halben Million Euro.

 

Auch die Bürgervertreter wurden von den Summen zum Teil überrascht

Die Remstal-Gartenschau brachte von Mai bis Oktober nicht nur jede Menge Blütenpracht in die beteiligten 16 Kommunen, sondern auch viele Veranstaltungen. In Kernen fanden Konzerte im umgestalteten Schlosspark der Diakonie oder im Steinbruch der Firma Bayer statt. Es gab Theater im Klettergarten und an der Yburg, Kochaktionen im Bürgergarten und vieles mehr. Am Dienstag hat die Verwaltung den Abschlussbericht samt Abrechnung für die Durchführung der Remstal-Gartenschau dem Gemeinderat vorgelegt, der wenig Freude dabei hatte.

Mit viel Optimismus und – wie sich jetzt im Nachhinein zeigt – zu hohen Erwartungen, was mögliche Erlöse anbetrifft, waren die Beteiligten in Kernen in das Großprojekt gegangen. „Das Defizit ist hoch, aber ich maße es mir nicht an, Details aus der Vergangenheit zu bewerten“, erklärte Bürgermeister Benedikt Paulowitsch in der Sitzung. Verwaltung und Gemeinderat wollen aber aus den Erfahrungen lernen und künftig bei der Kostenkontrolle genauer hinschauen.

Denn auch die Bürgervertreter wurden von den Summen zum Teil überrascht – und waren hinterher selbstkritisch. „Wir tragen eine Teilschuld. Auch wenn uns nicht alle Zahlen vorlagen, uns manches vielleicht auch bewusst verheimlicht wurde, haben wir zur allgemeinen Euphorie beigetragen“, sagte Andreas Wersch, der Fraktionsvorsitzende der CDU. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen.

Vor allem Mindereinnahmen schlagen sich in der Bilanz negativ zu Buche

Vielleicht haben wir zu blauäugig kalkuliert. Aber immerhin weiß man jetzt, wo das Remstal liegt“, erklärte SPD-Rat Hans-Peter Kirgis, während seine Fraktionskollegin Ingrid Möhrle beklagte, dass die „versprochene Transparenz gefehlt hat“.

Für Eberhard Kögel vom Parteifreien Bündnis (PFB) ist der Schuldige gefunden. „Wir wollten nicht kleckern, sondern klotzen und in der Liga von Schwäbisch Gmünd und Schorndorf mitspielen“, analysierte er. Schuld daran, so der PFB-Gemeinderat in der Sitzung im Bürgerhaus, sei das „System Altenberger“: „Ein Bürgermeister, der die Gartenschau zur Selbstdarstellung nutzte, und der dabei von der Mehrheit des Gemeinderats immer unterstützt wurde.“

Vor allem Mindereinnahmen schlagen sich in der Bilanz negativ zu Buche, erläuterte Sabine Payer-Herkommer, die Leiterin der extra für die Gartenschau eingerichteten Stabsstelle im Rathaus in Rommelshausen. Angefangen bei der Remstal-Card.

Auch die Besucherzahlen bei den Veranstaltungen lagen weit hinter den Planungen

Bei der Aufstellung der Haushaltsmittel war man in Kernen – unter der Regie von Wolf Grünenwald, dem sogenannten Mister-Gartenschau, der bereits in Schwäbisch Gmünd Erfahrungen gesammelt hatte – von 3000 verkauften Remstal-Cards und Einnahmen von rund 125 000 Euro ausgegangen. Tatsächlich wurden aber nur etwa 1300 reguläre Dauerkarten sowie 100 ermäßigte verkauft, was ein Minus von 65 000 Euro allein bei diesem Posten mit sich bringt.

Auch die Besucherzahlen bei den Veranstaltungen – bei denen Erfahrungswerte aus vergangenen Jahren zugrunde gelegt worden waren – lagen weit hinter den Planungen. „Das war in allen Kommunen der Fall, aufgrund der Vielzahl von Veranstaltungen im gesamten Remstal“, erläuterte Sabine Payer-Herkommer. 137 000 Euro weniger als erhofft, brachten die verschiedenen Angebote allein in Kernen.

Die Sponsorengelder, die mit immerhin rund 160 000 Euro angesetzt worden waren, blieben ebenfalls hinter den Erwartungen zurück. Nur 70 000 Euro flossen tatsächlich von Firmen sowie als Sachleistung der Firma Schlienz in Form von einem Bus-Pendelverkehr zwischen den Ortsteilen Rommelshausen und Stetten. Nahezu eine Nullnummer waren die im Vorfeld mit stolzen 65 000 Euro angesetzten Parkgebühren und sonstigen Erlöse. „Aufgrund der Veranstaltungsabläufe und der Tatsache, dass die Mehrzahl der Besucher aus Kernen und von außerhalb viele mit öffentlichen Verkehrsmitteln kamen, konnten wir hier nur geringfügige bis fast keine Einnahmen erzielen“, erläuterte Sabine Payer-Herkommer. Ihr Fazit fällt ähnlich aus wie das von Verwaltung und Gemeinderat. Um mögliche finanzielle Überschreitungen künftig frühzeitig kommunizieren zu können, müsse der Bereich Finanzcontrolling verstärkt werden, sagte Sabine Payer-Herkommer. „Auf einen kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen Gemeinderat und Verwaltung bei Großprojekten muss in Zukunft noch mehr geachtet werden.“

Für das in der Gartenschau-Zeit entstandene Wir-Gefühl, das die Gemeinde bündeln und pflegen will, muss Kernen also ein kleines Vermögen hinblättern. „Es ist aber wichtig, dass wir im Guten mit der Gartenschau abschließen und die richtigen Lehren ziehen“, sagte Paulowitsch.