Am Samstag hat – nach der Premiere 2019 – das zweite Kessel Festival eröffnet: Es bietet zwei Tage Musik, Sport, Kultur und nachhaltige Ideen.

Vier Erwachsene und drei Kinder? „Nein, zwei Erwachsene und fünf Kinder! Die Anderen sind auch noch klein.“ Tja, wenn zwei befreundete Stuttgarter Familien zum Kessel Festival auf den Cannstatter Wasen gehen, dann muss mit Neckereien gerechnet werden. Das ficht die vierjährige Neea nicht an. Just wurde sie von ihrem Vater auf einem Snowboard am Band auf einer Rolle alias Riglet-Reel durch einen Parcour gezogen. „Toll!“, sagt sie und lacht. „Besonders die Schanze!“ Davor waren sie schon beim „Handball, Baseball, Football – Sport macht ihr Spaß“, so Mutter Denise. Natalie, die andere Mutter im Familiendoppelpack, nickt. „Absolut mega“ sei es hier.

 

Eine Kritik haben die beiden dennoch. Pünktlich zur Öffnung um elf Uhr seien sie da gewesen, doch erst um 11.40 Uhr reingelassen worden. „Die Veranstalter können nichts dafür – das Amt für öffentliche Ordnung musste den Platz noch abnehmen. Da wartest du dann mit den Kindern in der Hitze.“ Ansonsten sei alles super. „Viele Sportarten und anderes mehr zum Kennenlernen!“

Konzerte und Nachhaltigkeit

Das Kessel Festival beschreibt sich als nachhaltiges Musik-, Sport- und Kultur-Festival auf dem Cannstatter Wasen, im Reitstadion und auf dem Neckar in Stuttgart. Mit dabei: Stars, Sportvereine von Stadt und Region, Initiativen und mehr. Während an zwei Tagen Musik-Acts wie Silbermond, Joris, LaBrassBanda, AnnenMayKantereit oder die Orsons auf der Hauptbühne angesagt sind, auf der Kulturbühne ein Newcomer Contest läuft oder auf der Spielwiese im Reitstadion DJs den Ton setzen, dreht sich auf dem Übermorgen Markt alles um nachhaltiges Leben. Da gibt es nicht nur eine Kleidertauschparty oder Second Hand und Vintage für 40 Euro pro Kilo bei Vinokilo. Da wird auch aufgeklärt bei Pro Familia und über Hilfsprojekte informiert, etwa in Bangladesh oder bei „Children First“. Zu erfahren ist zudem, wie in Städten neue Gartenflächen entstehen oder Gemeinwohl Ökonomie funktioniert. Das Kessel Festival sei ein gutes Ambiente, um das Thema zu präsentieren, bestätigt Peter Jakobeit von der Initiative.

Diese Vielfalt kommt gut an, gerade auch bei jungen Besuchern. „Klasse Mischung“ meinen Anna, Laura und Lina, die aus Reutlingen wegen AnnenMayKantereit gekommen sind. Auch die 16 jungen Winzer und Winzerinnen aus Stuttgart und dem Remstal, die unter einem Zirkuszelt beim „jungen Weindorf“
 ihre Tropfen anbieten, haben es ihnen angetan – und dass es Wasser bei der Hitze gratis gibt. Am Samstagnachmittag haben sich an den Hydranten lange Schlangen gebildet, besonders bei jenen am Eingang. „Die Wasserflaschen auffüllen“, so ein Pärchen. „Es könnten mehr Hydranten sein. Aber gut, dass das überhaupt da ist.“ Auch die vielen Eimer zum Mülltrennen und Recycling Tanzkutsche loben sie. Anderen gefällt’s, dass einige Stände und Sitze aus recyceltem Material sowie Paletten seien.

Viele Stationen laden zum Mitmachen ein

Um 16 Uhr sind laut Veranstalter 12.600 Menschen auf dem Festival, 50.000 werden erwartet. Die verteilen sich nicht nur vor den Bühnen, Info- und Essensständen, sondern auch an Sport- und Kunststationen. Bei der Straßenzeitung Trottwar kann man Skulpturen formen, aus Stein oder Draht begleitet vom Künstler Murat Taskin. Wer kleinere Kinder hat, übt mit ihnen Balancespiele bei den Turnern – oder bastelt an Kreativstationen des Stuttgarter Jugendhaus 
im Reitstadion. Dort lädt auch der Circus Circuli zum Mitmachen oder eine Schminkstation lockt.
 Die gibt es zudem für die Großen: Vor der Beauty Lounge auf dem Wasen warten so einige auf ein Make-up.

Viel Publikum sammelt sich bei den Slacklinern, die ihre Tricks – bis zu sieben Meter hohe Sprünge und Saltos – auf dem elastischen Band zeigen: Beim Kessel Festival findet der Trickline World Cup statt. Wurde doch ab 2007 Slacklining, wie es heute Millionen von Menschen betreiben, dank Gibbon-Gründer Robert Käding, aus dem Stuttgarter Kessel in die Welt getragen. Begeisterungsstürme auch an der Motocross-Rampe bei der ersten E-Freestyle Motocross Show Deutschlands. Der Schweizer Mat Rebaud ¬ Weltmeister und Gesamtsieger der Red Bull X-Fighters – zeigt auf einer Maschine mit Elektromotor Backflips, Saltos und mehr.

„Das will ich auch mal“, ruft der achtjährige Max, der mit Mama und Oma aus Fellbach gekommen ist. Aber auch Ballsportarten interessieren ihn, etwa Baseball üben bei den Stuttgart Reds. Bei den Stuttgart Silver Arrows versuchen sich einige Jungs und Mädels im Werfen oder – über Kissen Figuren anrennend – im Tackeln à la American Football. „Auf dem Festival können wir unseren Sport vorstellen und neue Fans gewinnen“, betonen Nico Plapp und Finn Hansen, die seit einigen Jahren den Sport betreiben. Dennis Krug, seit einem Jahr dabei also „Rookie“, schwärmt: „Noch nie hat mir ein Sport so viel Spaß gemacht.“

Am frühen Abend wird es voller auf dem Wasen – der Konzerte wegen. „Wir waren bei Kanuten am Neckar, haben Bagjumping, Street Racket, Stand Up Paddling probiert. Super bei den Temperaturen! Und bei den Beach Volleyballern zugeschaut, Teil der nationalen ROCK the BEACH Serie – geil“, so eine gemischte Vierertruppe aus Tübingen. Am Sonntag wollen sie wieder da sein. „Weiter Volleyball schauen“, wird bekräftigt. Eine junge Frau betont, dass sie dann auch die „Best of Streetdance-SHOW Baden-Württemberg 2022“ sehen wolle. „Mit Tanzcrews aus ganz Baden-Württemberg.“