Mit ihrer humorvollen und offenen Art begeistert Kim Renkema, die Sportdirektorin der Bundesliga-Volleyballerinnen von Allianz MTV Stttgart, die Zuhörer im Rahmen der Reihe „StZ im Gespräch“ in der Regionalredaktion Esslingen.

Esslingen - Holländern und Deutschen wird nachgesagt, sie unterhielten – vor allem auf sportlicher Ebene – ein eher angespanntes Verhältnis. Der Niederländerin Kim Renkema kann man das allerdings nicht nachsagen. Die Sportdirektorin der Bundesliga-Volleyballerinnen des Allianz MTV Stuttgart mag durchsetzungsfähig und zielstrebig in ihrer täglichen Arbeit in der Welt des Spitzensports sein. Aber eines ist sie sicher nicht: angespannt. Davon konnten sich am Montagabend rund 80 Zuhörer bei der Veranstaltung „StZ im Gespräch“ in den Räumen der Esslinger Regionalredaktion überzeugen. Sie waren von der offenen, humorvollen und gänzlich unprätentiösen Art begeistert, mit der die 31-Jährige die Fragen des Esslinger Redaktionsleiters Kai Holoch beantwortet hat.

 

Im Alter von fünf Jahren beginnt die Volleyball-Karriere

Schon als Außenangreiferin hat die im holländischen Hoogeveen geborene Kim Renkema dem Stuttgarter Spitzenvolleyball mehr als gut getan. Doch als Sportdirektorin – das Amt hat sie vor rund zwei Jahren ohne Vorerfahrung in diesem Job übernommen – scheint sie noch wertvoller für den Verein zu sein. Denn die Schmetterkünstlerinnen schwimmen auf einer Welle des Erfolgs, seit Kim Renkema für die Kaderplanung und die Sponsorensuche verantwortlich zeichnet. Sie sind Tabellenführer in der Bundesliga und stehen im Finale im Kampf um den Pokal des Deutschen Volleyballverbands (DVV).

Angedeutet hat sich die steile Karriere von der Top-Spielerin zur Top-Sportmanagerin schon früh. Vielleicht schon damals, als ihre Mutter – ebenfalls eine ehemals gute Volleyballerin – die Verantwortlichen des Vereins Olhaco Hoogeveen anflehte, die kleine Kim – entgegen den Statuten – bereits mit fünf statt mit sechs Jahren am Training teilnehmen zu lassen. Ergo könne sie sich an ihr erstes Volleyballspiel nicht mehr erinnern. Wohl aber an das erste Match, in dem sie bereits mit 17 in der höchsten holländischen Liga aufschlug: „Daran erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen.“ Und auch an ihren ersten Profivertrag, der in erster Linie zum Inhalt hatte, ihrem Vater, der sie jahrelang tagtäglich zum Training chauffiert habe, monatlich 200 Euro Benzingeld zu überweisen.

Mülltrennung war nicht ihr Ding

Als sie 2010 im Alter von 22 Jahren zum MTV nach Deutschland wechselte, war der Kontrakt wohl weit besser dotiert, was aber kein Grund war, übermütig zu werden. Bescheiden sei sie „mit dem Zug“ nach Stuttgart gekommen, erklärt sie lachend auf die Frage von Kai Holoch, wie sie damals nach Stuttgart gekommen sei, wobei dieser eher wissen wollte, wie es sie ins deutsche Volleyball-Oberhaus verschlagen hat.

Damals sprach sie kein Deutsch, und mit der Mülltrennung habe sie es nicht so genau genommen. Das habe ihr ein Hausbewohner deutlich zu verstehen gegeben, während er mit spitzen Fingern eine Bananenschale aus ihrer Tüte mit Verpackungsmüll zum Vorschein gebracht habe. Die Schwaben seien eben pünktlich und strukturiert, „was wir Holländer weniger sind“. Darauf, andere Kulturen und Sprachen kennenzulernen, sei sie immer schon erpicht gewesen. Deshalb habe sie 2012 die Chance ergriffen, nach Italien zu wechseln, wo sie bei Riso Scotti Volley Pavia in der damals wohl stärksten Volleyball-Liga der Welt um Punkte schmetterte und baggerte.

Doch in das als Urlaubsziel so begehrte Land habe sie „nicht so gut gepasst“, weshalb sie 2014 zum MTV nach Stuttgart zurückkehrte, was im Rückblick „die beste Entscheidung war“. Mit dem Team gewann sie ein Jahr später – zum zweiten Mal nach 2011 – den DVV-Pokal. Doch 2016 machte ihr eine schwere Rückenverletzung zu schaffen, ihre Karriere als aktive Volleyballerin stand auf der Kippe. Als dann der damalige langjährige Sportdirektor Bernhard Lobmüller mitten in der Saison seinen Rücktritt bekannt gab, sprang Kim Renkema ein und wurde im März 2017 seine Nachfolgerin. Aber unabhängig von der Verletzung und entgegen anders lautenden Darstellungen „hätte ich sowieso aufgehört“, verrät die 31-Jährige. Aus dem einen Grund: „Weil ich diesen Job unbedingt wollte“.

Gesunde Distanz zur Mannschaft

Der fliegende Wechsel von der Spielerin zur Funktionärin ist ihr – für viele überraschend – vorbildlich gelungen. Was allerdings nicht einfach gewesen sei. Druck spüre sie in ihrer jetzigen Position „noch mehr“, als seinerzeit direkt am Netz. Schließlich obliege ihr die Verantwortung für alle Spielerinnen, „denn ich habe die Mannschaft zusammengestellt“. Den Kumpeltyp gebe sie dabei nicht, sie wahre durchaus große Distanz zum Team. „Sonst wird es schwierig, am Ende der Saison andere Gespräche zu führen“, erklärt sie zu Vertragsverhandlungen, in denen sie die Interessen des Vereins vertreten muss. Dabei helfe ab und an ihr Studium der Kinderpsychologie, das sie parallel zum Leistungssport gestemmt hat.

Nützlich sei diese Ausbildung abseits des Sports auch im Umgang mit jungen Spielerinnen, die sich mitunter „ein bisschen wie Prinzessinnen“ fühlten, weil sie dächten, es werde alles für sie geregelt. Dafür seien sie mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet. „Heute trägt keine von ihnen mehr die Taschen älterer Spielerinnen“, wie das zu ihrer Anfangszeit noch der Fall gewesen sei, sagt Kim Renkema.

Wie Spielerinnen ticken, weiß die in Esslingen lebende Renkema aus persönlicher Erfahrung ganz genau. Wie man Sponsoren gewinnt, inzwischen auch. Diese engagierten sich, wenn sie – wie auch die Menschen in der Region – entdeckten, welche Faszination von dieser Sportart ausgehe. Dies versuche sie zu vermitteln, indem „ich meine Begeisterung auf andere übertrage“, sagt die 31-Jährige. Für das Publikum in der Redaktion steht fest: Wenn das beim MTV Stuttgart jemandem überzeugend gelingt, dann ist es Kim Renkema.