Sarah Quénéhervé aus Möhringen ist die Präsidentin des deutschen Kin-Ball-Verbands. Die Sportart wird landesweit bislang nur in Sillenbuch angeboten.

Erst kommt eine Sporthose mit dicken Polstern an den Hüften, dann folgen hohe Fußballsocken und Knieschoner. Zu guter Letzt klebt Sarah Quénéhervé ihre Schnürsenkel noch mit schwarzem Klebeband ab. Jetzt wird’s körperlich. Es ist Donnerstagabend, und in der Sporthalle Riedenberg steht das Kin-Ball-Training an. Das was? Sarah Quénéhervé hat sich mittlerweile an die fragenden Blicke gewöhnt. „Die Leute denken, es hat etwas mit dem Kinn zu tun“, sagt die 33-Jährige.

 

Kin-Ball wurde in den 1980ern in Kanada erfunden und hat sich seither weltweit mehr oder weniger ausgebreitet. „Die Japaner sind furchtbar gut. In Asien ist es echt populär geworden“, sagt Sarah Quénéhervé. In Deutschland wiederum ist das Spiel mit dem Riesenball von 1,22 Meter Durchmesser und weniger als einem Kilo Gewicht nahezu unbekannt. Eine Nischensportart. Laut der Online-Karte beim deutschen Kin-Ball-Verband ist der SV Sillenbuch der einzige Verein in Baden-Württemberg, der die Sportart überhaupt anbietet. Sarah Quénéhervé ist dort die Abteilungsleiterin und Co-Trainerin – und seit drei Jahren auch die Präsidentin des deutschen Kin-Ball-Verbands.

Der SV Sillenbuch hat Kin Ball ins Programm genommen

Mitgebracht haben sie und ihr Mann Simon Ordonneau (33) die Sportart aus ihrer Heimat Frankreich. „Es gibt da viel mehr Vereine. Dort spielen Damen, Herren, Kinder. Es ist schon groß“, sagt Sarah Quénéhervé. Seit 2017 lebt das Paar in Möhringen. Beide sind Teil der deutschen Nationalmannschaft – und hatten irgendwann den Wunsch, Kin-Ball auch in ihrer schwäbischen Wahlheimat aufzubauen. Mit ihrer Idee sind sie bei Sportvereinen Klinken putzen gegangen. Der SV Sillenbuch habe direkt Interesse gezeigt, Kin-Ball in sein Portfolio aufzunehmen. „Ich hätte mir keine bessere Unterstützung wünschen können. Wir zwei Franzosen kommen hier her und sagen, wir haben einen verrückten Sport“, erzählt die Maschinenbauingenieurin und grinst breit. Das Mannschaftsspiel wird mit drei Teams zu je vier Spielern gespielt. Das grundlegende Ziel: verhindern, dass der Ball den Boden berührt.

Sarah Quénéhervé erinnert sich gut daran, wie ihr Mann sie vor einigen Jahren ohne Rücksprache für ein EM-Spiel im Frauen-Team angemeldet hatte. „Ich hatte gar keine Ahnung“, sagt sie. Das skurrile Spiel mit dem Riesenball hat sie jedoch rasch erlernt – und so viel Spaß daran gefunden, dass sie dabeigeblieben ist. „Ich habe davor Volleyball und Handball gespielt. Wenn man Mannschaftssport kennt, kriegt man es schnell mit.“ Das Kooperative, das Teamwork sei toll, echt spannend werde es, wenn man mit vollem Körpereinsatz unter den Ball rutsche. Sie lacht laut auf. „Ich könnte stundenlang über Kin-Ball reden.“

Kin Ball wird immer populärer

Sarah Quénéhervé hat Pläne. Sie möchte Kin-Ball bekannter machen. „Wir wollen auf jeden Fall, dass es sich entwickelt“, sagt sie. Im Februar war eine TV-Produktionsfirma beim SVS zu Gast, um in der Sporthalle Riedenberg einen Beitrag für den Kinderkanal Kika zu drehen. Als Präsidentin ist Sarah Quénéhervé auch schon im ZDF-Fernsehgarten aufgetreten. Mittlerweile wird Kin-Ball in Sportprojekten oder in der Ganztagsbetreuung in Stuttgart gespielt. Im Mai 2023 wird der letzte Saison-Spieltag der Kin-Ball-Bundesliga in Sillenbuch steigen.