An der Hochschule der Technik lernen die Kinder, wie man die Tücken des Objekts wissenschaftlich auslotet. Am Ende passt die ganze Welt auf ein Osterei.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Auch ein Professor braucht mal Lob. Er hat es am Samstag in Form von spontanem Applaus und Bravorufen erhalten. Nicht nur erkannten die Teilnehmer der Kindervorlesung an der Fachhochschule für Technik auf Anhieb, dass der Professor Hardy Lehmkühler eine Weltkarte auf ein Osterei gemalt hatte. Als ein Kind auch noch Europas Umrisse auf dem Kunstwerk zum Feiertag entdeckte, schloss er sich dem Lob der Kinder an: „So langsam glaube ich, dass ich das gar nicht so schlecht gemacht habe“, sagte Lehmkühler.

 

Doch weil zwischen „nicht so schlecht“ und „richtig gut“ Welten liegen, und es in der Natur des Forschers liegt, durch das Streben nach der besten Lösung die Wissenschaft voranzutreiben, spielten der Professor und sein Mitarbeiter Marc Huber durch, wie man von einer rechteckigen, flachen Weltkarte aus Papier zu einem perfekten Osterei mit eben diesem Motiv kommt.

„Einfach draufkleben“, war der erste Vorschlag aus den Reihen des jungen Publikums in der Hochschule am Stadtgarten – kindlich genial, aber dass dies nicht die Lösung sein würde, war schnell klar, als Marc Huber das Papier an das Anschauungsobjekt der Vorlesung hielt. Extra für den Vortrag zum Fest hatte Hardy Lehmkühler in der Werkstatt der Hochschule ein überdimensionales Ei herstellen lassen: aus Styropor gefräst und einen halben Meter hoch harrte es des Einfallsreichtums der jungen Forscher im Saal.

Bei Kindern muss man einfach mit allem rechnen

Nun muss man bei Kindern mit allem rechnen – vor allem immer damit, dass sie weitaus mehr wissen, als man ihnen zutraut. Das bewiesen auch die Zuhörer in der Aula am Samstag: Als Lehmkühler und Huber noch die Grübler mimten, flog schon des Rätsels Lösung durch den Raum, zumindest ansatzweise. „Man muss einfach nur die Gradeinteilung aufzeichnen, Nord, Süd, West und Ost!“ rief ein Junge in die Runde. Der Professor gab sich geschlagen: „Ganz so schnell wollte ich eigentlich nicht vorankommen“, meinte er.

Damit alle den Trick mit dem Raster nachvollziehen können, näherte sich Hardy Lehmkühler der Lösung schrittweise an. Angefangen mit der Erkenntnis, die mehr als 2500 Jahre alt ist: schon der Grieche Eratosthenes hatte gewusst, dass die Erde eine Kugel ist und wie die Umrisse der Länder von oben betrachtet in etwa aussehen. Wie er das herausgefunden hatte? „Mit einer Kamera, die er ins All schießt!“ „Mit einem Satelliten!“ Nein, so einfach hatte es Eratosthenes dann wieder nicht. Er musste die Schlussfolgerung über die Form der Erde schon aus dem Lauf der Sterne rund um den Globus erschließen, sagte Lehmkühler.

Für die Lösung wurden ein paar Jahrhunderte übersprungen

Für die endgültige Lösung des Ostereidekorationsrätsels übersprangen die Referenten dann ein paar Jahrhunderte der Wissenschaftsgeschichte und präsentierten einen Globus. Keinen hochmodernen, „sondern so einen, wie ihn vielleicht eure Eltern zu Hause haben“. Denn bis Kurzem wurde die aufgeklebte Weltkarte nicht aus einem der Kugel angepassten Stück gezogen. Einzelne, keilförmig zulaufende Papierstreifen waren aufgeklebt. Da nun aber ein Ei wieder keine Kugel ist, standen die jungen Forscher wieder vor einem Problem: Wie müssen diese Streifen, die man auch bekommt, wenn man eine Orange Schnitz für Schnitz schälen würde, denn für das Osterei geformt sein?

Die Maße fehlen. Da weder Geodreieck noch Meterstab helfen, lernten die Hörsaalneulinge ein geeignetes Gerät kennen, eine Schieblehre. Wie ein Großer maß einer der Kleinen das Anschauungsobjekt.

Mit der vorbereiteten Auflösung entließen die Wissenschaftler die Kinder in die Karwoche. Zum Abschied gab es für jeden der aufmerksamen Teilnehmer einen Welt-Ei-Bastelbogen nebst Ei zum Bekleben. Damit das Experiment glücken würde, wurde auch an die Sicherheit gedacht: Das Geschenk war natürlich ein Plastikei.