Gemüsegärten im Hochhaus? Das könnte es in der Stadt der Zukunft geben. Dann wachsen vielleicht auch Apfelbäume auf der Dachterasse.

Stuttgart - Bäume oder Hühner auf dem Balkon einer Stadtwohnung - das wäre doch witzig. In der Zukunft könnte das möglich sein, zumindest, wenn der Balkon groß genug ist. Wenn die Kinder von heute längst erwachsen sind, wird das sogenannte "urban farming" vielleicht schon ganz selbstverständlich zu einer Stadt gehören. "Urban farming" ist eine von vielen Ideen, wie die Zukunft unserer Städte aussehen könnte und bedeutet, dass Menschen selbst etwas anbauen und ernten, auch wenn sie mitten in der Stadt leben.

 

Die Stadtbewohner könnten damit Umweltschutz betreiben, denn Lebensmittel in den Supermärkten haben oft eine lange Reise hinter sich, die viel Verkehr und hohe Energiekosten verursacht. Eines Tages bauen Menschen vielleicht auf dem eigenen Balkon Gurken, Radieschen, Tomaten oder Äpfel an. Und essen Eier vom eigenen Balkonhuhn zum Frühstück.

"Urban farming" ist keine neue Idee

Stadtplaner sind unter anderem dafür zuständig, Räume und Plätze in der Stadt, etwa für das "urban farming", zu schaffen. Das ist manchmal schwierig, weil es immer weniger Platz gibt. Wenn die Landwirtschaft im Kleinen in die Stadt soll, braucht man dafür Fläche. Die findet man auf Dächern, Balkonen oder in Baulücken. "Obstbäume im Hof oder auf Stadtplätzen bieten die Chance, den tendenziell steigenden Temperaturen in den Städten zu trotzen", sagt der Architekt Franz Pesch. Und das Grün bringt zugleich bessere Luft.

"Urban farming" ist keine neue Idee. In den 70er Jahren haben Menschen in New York Gärten in der Stadt angelegt und gemeinsam gepflegt. Über das Unkrautjäten, Erdbeerernten und Bohnenziehen haben sich Menschen verschiedener Nationalitäten kennengelernt, die sich sonst nie getroffen hätten. Den New Yorkern hat das viel Spaß gemacht. Der amerikanischer Ernährungsexperte Michael Pollan glaubt sogar, dass das "urban farming" wegen der steigenden Ölpreise auf der Welt die einzige Möglichkeit sein wird, einen nachhaltigen Lebensstil zu pflegen. Nachhaltig bedeutet, dass man die Umwelt und die Lebensqualität für künftige Generationen erhalten möchte, die erst in 80, 90 oder 150 Jahren leben werden. "Und weil die Menschen immer älter werden, werden sich auch Nachbarschaften verändern", sagt Franz Pesch.

Das Zusammenleben wird sich verändern

Ältere Menschen, die keine Verwandten mehr haben, werden vielleicht von den Nachbarn als Oma oder Opa für ihre Kinder "adoptiert". Dafür helfen die Nachbarn den Älteren dann im Haushalt. Damit alle Generationen in einem Stadtteil gut zusammenleben können, müssen Architekten beim Planen weit in die Zukunft schauen.

In den Städten der Zukunft werden die Menschen aber nicht nur neue Wohnformen finden, sie werden sich auch anders fortbewegen. Mehr zu Fuß, mit dem Fahrrad - denn: noch mehr Autos können weder Städte noch die Umwelt vertragen. "Deshalb werden wir uns künftig häufiger ein Auto mit anderen teilen", vermutet Pesch.

In manchen Städten probieren die Menschen bereits Kurioses aus: In China lassen sie Gärten auch an Häuserfassaden wachsen! Die Häuser der Zukunft sind außerdem Kraftwerke, die mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen. "Wer bei uns im 10. Stock lebt, kann noch nichts anbauen. Dort wächst nicht mal mehr eine Geranie", sagt Pesch. Es sei denn, das Haus ist mit einer Spezialtechnik gebaut, oder es gibt einen verglasten Balkon, ähnlich wie ein Wintergarten. Dann wachsen Erdbeeren heute schon im 10. Stock.