Erst nach dem dritten Geburtstag dürfen Kinder in den Weissacher Kindergarten – für Eltern ein Problem.

Weissach - Das müsste doch kein Problem sein, dachte sich Katrin Ulmer. Die Weissacherin will ihr Kind schon vier Wochen vor dem dritten Geburtstag stundenweise in den Kindergarten geben. Eingewöhnungszeit heißt dieser Schritt. Kinder besuchen den Kindergarten wenige Stunden pro Tag, erst mit den Eltern, später ohne sie. „Wenn unsere Kinder drei sind, ist die Elternzeit vorbei und wir müssen wieder arbeiten“, erklärt Katrin Ulmer.

 

„Geht nicht“, hieß es aber dann aus dem Weissacher Rathaus. Denn das, was sich wie eine Selbstverständlichkeit anhört, zieht bürokratische Hürden nach sich. Für ihre Kindergärten hat die Gemeinde nämlich nur Betriebserlaubnisse, die eine Kinderbetreuung erst von dem dritten Geburtstag an vorsieht. Für Katrin Ulmer und ihre Mitstreiterin Julia Kopphold unverständlich. Bei anderen Eltern haben sie sich umgehört, 75 Unterschriften gesammelt, die Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat angeschrieben. „So viel Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss doch möglich sein“, ärgert sich Julia Kopphold.

„Doppelte Aufwand für die Plätze“

Dieses Engagement hat wohl auch die Gemeindeverwaltung beeindruckt. Eine dreiseitige Erörterung hat Bürgermeister Daniel Töpfer verfassen lassen und am Montag dem Gemeinderat vorgelegt. Die Kurzzusammenfassung: Die Aufnahme von Kindern unter drei Jahren geht momentan eben nicht, vielleicht in Zukunft, eine Änderung der Betriebserlaubnis ist aber auf keinen Fall sofort möglich.

„Man muss sich klar machen: Mit den zusätzlichen Plätzen entstünde der doppelte Aufwand“, erklärt der zuständige Hauptamtsleiter Achim Laidig. Man könnte die Betriebserlaubnis nämlich durchaus anpassen – zum Beispiel so, wie das Heimsheim heute schon umsetzt. „Wir nehmen in all unseren Kindergärten Kinder auf, die zwei Jahre und neun Monate alt sind“, bestätigt die für Bildung zuständige Amtsleiterin Alexandra Kreisle unserer Zeitung. Sogar in der Gebührenordnung ist das eigens aufgeführt. 245 Euro zahlen diese Kinder im Monat. Ab dem dritten Lebensjahr reduziert sich die Gebühr auf 124 Euro.

Ein solches Modell wäre für Weissach auch möglich. Im dortigen Gemeinderat stößt die zögerliche Haltung der Verwaltung auf Widerstand, vor allem der Freie Wähler Steffen Lautenschlager kämpft für die Belange der Eltern. „Bürgerfreundlichkeit ist das richtige Stichwort“, wettert er in der Sitzung am Montag. „Wir erhöhen die Gebühren jedes Jahr, da müssen wir auch etwas bieten.“ Auch sein Ratskollege Marco Grafmüller (Bürgerliste) fordert die sofortige Umsetzung. „Kann man das nicht unbürokratisch hinbekommen?“, fragt er in die Runde. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man bei zwei bis vier Kindern pro Jahr mehr Personal bräuchte.“

Unbürokratischen Weg in Weil der Stadt

Den unbürokratischen Weg wählt zum Beispiel Weil der Stadt. „Grundsätzlich nehmen wir Kinder von drei Jahren an in unseren Kindergärten auf“, sagt die dortige Amtsleiterin Tanja Kübler und betont das Wort grundsätzlich. Denn ihre Mitarbeiter führen mit allen Eltern Gespräche. Wenn jemand sofort nach dem dritten Geburtstag wieder einsteigen muss, weil der Arbeitgeber das so will, dann ist man in Weil der Stadt flexibel. „Wir wollen, dass die Eltern einen guten Start haben“, sagt Kübler. Zehn Fälle gebe es hier pro Jahr, die meisten kommen etwa zwei Wochen vor ihrem dritten Geburtstag in den Kindergarten.

In Leonberg dagegen ist der Übergang deshalb kein Problem, weil die Stadt für alle ihre Einrichtungen eine Betriebserlaubnis für altersgemischte Gruppen von zwei bis sechs Jahren hat. „Aktuell können wir aufgrund der Belegungszahlen im Spitalhof nur Kinder ab drei Jahren aufnehmen“, sagt Stadtsprecherin Undine Thiel. „Aber auch hier bieten wir eine Eingewöhnung ab zwei Jahren und zehn Monaten an.“

Ähnlich restriktiv wie Weissach ist Renningen. Der Beigeordnete Peter Müller verweist auf den Fachkräftemangel, durch den man gar kein zusätzliches Personal für eine frühere Aufnahme habe. Ins gleiche Horn bläst auch die Weissacher Verwaltung. Ein unter dreijähriges Kind würde zwei Betreuungsplätze belegen – und deshalb den Personalbedarf in der Gruppe um 13 Prozent ansteigen lassen.

„Das scheitert schon daran, dass dafür kein Personal da ist“, sagt Bürgermeister Daniel Töpfer. Dennoch hat er seinem Gemeinderat einen Kompromiss vorgeschlagen: Im nächsten Jahr will er alle Eltern befragen. Im Sommer 2018 könne man die Maßnahme dann eventuell doch einführen. Bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung stimmt der Gemeinderat schließlich zu. Katrin Ulmer und Julia Kopphold wären dann die ersten Mütter, die davon profitieren. Ihre Kinder werden im November 2018 drei Jahre alt.