Der massive Personalmangel im Erziehungsbereich bringt Eltern in Sachen Kinderbetreuung immer wieder in Bedrängnis. Nun wurde ein Programm vorgelegt, das Wege aus der Krise aufzeigen soll. In Lobgesang verfällt der Elternbeiratsvorsitzende jedoch nicht.

Beim Thema Kinderbetreuung hakt es in Filderstadt schon eine ganze Weile, die Bombe ist schließlich im Februar geplatzt. Da musste wegen Personalmangels zunächst die Krippe im Kinderhaus Neuhäuser Bach in Bernhausen schließen, wenig später die komplette Einrichtung. Mitte März fand das erste Kita-Forum statt, bei dem sich Eltern, Erziehungskräfte sowie Vertreter von Kitaträgern, Gemeinderat und Verwaltung austauschten. Ziel: Wege aus der Krise finden.

 

Nun hat die Verwaltung Vorschläge gebündelt und ein Programm vorgelegt. Hinter viele der 36 Einzelmaßnahmen wurden bereits grüne Häkchen gesetzt. Quereinsteigerinnen wurden gewonnen. Der Oberbürgermeister Christoph Traub spricht von etwa zwei Dutzend, teils befänden sie sich noch in der Hospitierphase. Grundsätzlich wurden Anreize für städtische Beschäftigte geschaffen, etwa die Kostenübernahme fürs 49-Euro-Ticket oder ein freier Tag am Geburtstag. Auch wurden Stellenanzeigen aufgepeppt oder die Zahl der Kooperationsschulen im Bereich Ausbildung erhöht.

Der OB sieht noch keine Entspannung

Viele grüne Häkchen bedeuten allerdings nicht, dass in Filderstadt automatisch alles im grünen Bereich ist. „Es wäre falsch, von Entspannung zu sprechen“, muss Christoph Traub bekennen. Nach wie vor gebe es in Einrichtungen in der Stadt verkürzte Öffnungszeiten oder auch Notbetreuungen, ausgelöst durch Krankmeldungen und Vakanzen. Im Kinderhaus Neuhäuser Bach etwa laufe der Betrieb wieder wie vor der Schließung, von einem Normalzustand sei man indes noch entfernt.

Der wird auch so flott nicht zu erreichen sein. Bei etwa der Hälfte der vorgestellten Maßnahmen geht es um eine mittel- bis langfristige Umsetzung. „Da stehen teilweise Gremienentscheidungen dahinter und längere Vorläufe“, sagt Christoph Traub. Stellenbesetzungen etwa können mitunter erst im zweiten Quartal angegangen werden. Infos über mögliche Ersatzangebote, wenn die Betreuung entfällt, sind laut Auflistung aufs dritte Quartal terminiert, ebenso eine Entscheidung zum Thema Kitaplätze für städtisches Fachpersonal. Pädagogische Schulungen für Quereinsteiger und der Pilot einer Kita-App sollen im vierten Quartal starten. Teils braucht es sogar noch mehr Geduld. Infos zum Platzsharing oder zur immer wieder geforderten Vereinfachung der Gebührensatzung sind in der langfristigen Planung angesiedelt, also erst ab 2024.

So sieht es der Vorsitzende des Kita-Gesamtelternbeirats

Stéphane Lacalmette, Vorsitzender des örtlichen Kita-Gesamtelternbeirats, findet positiv, dass etwas vorgelegt wurde. In Lobgesang verfällt er aber nicht. Manches Abgehakte auf der Liste sei schlichtweg Standard, die Priorisierung sei nach seinem Eindruck eher auf städtische Bedürfnisse ausgerichtet als auf die der Familien, zumal konkrete Ideen keinen Niederschlag gefunden hätten, etwa die Betreuung durch Eltern-Initiativen im Fall von Öffnungszeitenkürzungen oder die Bildung eines Krisenstabs. Eltern gehe es in erster Linie darum, „dass die Zuverlässigkeit der Betreuung wiederhergestellt wird“, ebenso um die Qualität der Betreuung oder bessere Rahmenbedingungen für die Fachkräfte. Kurzfristig sehe er hierzu wenig auf der Liste. Stéphane Lacalmette betont: „Heute haben wir Eltern, deren Existenz massiv gefährdet ist.“ Vieles komme zu spät, etwa die neuen Schulkooperationen. „Bis die Kinder davon profitieren, dauert es drei Jahre.“

Die Maßnahmen-Liste ist auf der Stadt-Homepage abrufbar und soll auch im Amtsblatt veröffentlicht werden.