Mit den Flüchtlingen kommen auch mehr Kinder in die Landeshauptstadt. Doch in Stuttgart fehlen Tausende Kitaplätze. Über diese Situation haben Eltern und Erzieher mit Stadträten diskutiert.

Stuttgart - Eigentlich hatte der Gesamtelternbeirat der evangelischen Kindertagesstätten in den Hospitalhof eingeladen, um Vertreter der Gemeinderatsfraktionen zu ihren Positionen bei den Haushaltsberatungen zu befragen. Doch die Diskussion mit interessierten Eltern und Erzieherinnen ergab eher ein Stimmungsbild zum Umgang mit Flüchtlingskindern, zur angespannten Personalsituation in den Kindertagesstätten und zum komplizierten Anmeldeverfahren.

 

Von Fraktionsseite waren Andreas Winter (Grüne), Judith Vowinkel (SPD), Christian Walter (SÖS-Linke-Plus) und, wenngleich ohne Fraktionsstatus, Matthias Oechsner (FDP) der Einladung gefolgt – CDU und Freie Wähler waren nicht vertreten. Insofern konnte die Diskussion ohnehin keinen Überblick darüber ergeben, mit welcher städtischen Förderung die Kitaträger künftig rechnen können, sei es bei den Personal-, sei es bei den Sachkosten – ein schon lange traditioneller Zankapfel.

Kontroverse Positionen zur geplanten Gebührenerhöhung

Klare Aussagen zur geplanten Gebührenerhöhung in den Kitas von 83 auf 93 Cent pro Stunde machten nur Christian Walter und Matthias Oechsner. „Wir werden die Erhöhung definitiv ablehnen“, kündigte Walter an und plädierte für ein komplett gebührenfreies letztes Kindergartenjahr: „Das würde die Stadt drei Millionen Euro kosten.“ Oechsner hingegen erklärte: „Wir werden die Gebührenerhöhung mittragen.“ Ein Kindergartenbesuch solle nicht komplett kostenfrei sein, die Träger hingegen müssten „auf jeden Fall auskömmlich finanziert sein“. Doch was dies genau bedeutet, darüber wird wohl wieder heftig gerungen werden.

Bei der Diskussion im Hospitalhof hingegen bewegte die Teilnehmer stärker die Frage, wie Familien unkompliziert einen Kitaplatz finden können und in welcher Rangfolge Flüchtlingskinder zum Zuge kommen. Vowinkel räumte ein, wenn trotz des massiven Ausbaus immer noch 4500 Kitaplätze fehlten, dann sei das für die Eltern nicht befriedigend. Auch für die wegfallenden Hortplätze für Fünft- und Sechstklässler gebe es noch keine Lösung. Winter verwies auf die schwierige Personalgewinnung und warnte davor, die Debatte über die Flüchtlinge in Konkurrenz zu den Kitas zu führen.

Krippen nehmen keine Flüchtlingskinder auf

Jörg Schulze-Gronemeyer vom evangelischen Kita-Träger stellte klar: „Wir nehmen in der Regel keine Flüchtlingskinder unter drei Jahren auf.“ Vowinkel meinte dazu: „Zur Integration ist das natürlich total kontraproduktiv.“ Doch dahinter steht eine Maßgabe der Stadt. Diese muss den Rechtsanspruch der ein- und zweijährigen Kinder auf einen Krippenplatz gewährleisten – aber nicht in jedem Fall, wie Gerichtsurteile zeigen.

Für die drei- bis sechsjährigen Flüchtlingskinder, so Schulze-Gronemeyer, gelte: „Wir nehmen sie nach unseren Aufnahmerichtlinien auf. Wir bevorzugen sie nicht, aber wir benachteiligen sie auch nicht.“ Entscheidend seien Einzugsgebiet und Alter der Kinder. Ganztagsplätze erhielten grundsätzlich nur Kinder von Eltern, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssten. Bei den klassischen Kitaplätzen mit sechsstündiger Betreuung gebe es aber eine große Fluktuation und immer wieder freie Plätze, auch für Flüchtlingskinder.

Integration und Sprachförderung sind Herausforderungen

Wie das denn in den Kitas mit Flüchtlingskindern so funktioniere und ob das nicht belastend sei, wurde gefragt. Das sei „eine Wahnsinns-Herausforderung“, so Vowinkel und Winter. Schulze-Gronemeyer verwies auf die Sprachförderung. Eine Erzieherin konterte, diese reiche nicht aus. Eine Kitaleiterin ergänzte: „Man braucht hoch motiviertes Personal, eines, das man nicht nur gewinnt, sondern auch hält“, sagte sie im Blick auf den aktuellen Tarifstreit.

Eine Mutter thematisierte, was viele Eltern seit langem ärgert: „Das zentrale Anmeldeverfahren funktioniert einfach nicht. Und es ist für Eltern, die nicht gut Deutsch können, sehr kompliziert.“ Vowinkel erklärte den Grund: „Es machen nicht alle Träger mit.“ Darunter seien auch kirchliche Träger, ergänzte Schulze-Gronemeyer: „Eingruppige Einrichtungen fahren nicht jeden Tag den Computer hoch.“