Die temporären Gebäude helfen, die ärgsten Engpässe bei der Kinderbetreuung in Stuttgart zu überbrücken. Sie bieten Platz für 500 Kinder. Doch die Träger müssen dafür noch rund 200 Erzieherinnen finden. Kein leichtes Unterfangen, der Arbeitsmarkt ist leer.

Stuttgart - Für Eltern von Kleinkindern gibt es eine gute Nachricht: Zum Jahresende werden sieben der neun Kindertagesstätten aus dem Fertigbauprogramm aufgebaut sein. Sie bieten Platz für 500 Kinder, ein regulärer Neubau mit 40 Plätzen wird bereits im August fertig gestellt. Wer Träger dieser Einrichtungen mit insgesamt 48 Gruppen wird, darüber entscheidet der Gemeinderat am 23. Juli. Fest steht bereits jetzt, dass allein für die Betreuung dieser Kinder rund 200 zusätzliche Fachkräfte gebraucht werden. Weitere acht reguläre Kitaneubauten mit 31 Gruppen werden 2015 fertig – samt entsprechendem Personalbedarf. Doch Erzieherinnen sind rar.

 

Das städtische Jugendamt hat bereits 20 deutschsprachige Rumäninnen aus Sibiu (Hermannstadt) geholt und macht mit ihnen „uneingeschränkt positive Erfahrungen“, wie der stellvertretende Amtsleiter Heinrich Korn sagt. „Aber wir können denen ja nicht alle gut ausgebildeten Leute wegnehmen – und ein Riesenproblem bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte ist das Wohnen.“

Den möglichen Betreibern läuft die Zeit weg

Besonders groß wird der Zeitdruck bei der Personalakquise für die viergruppige Kita an der Kauffmannstraße in Botnang, die im August fertig wird. Aber erst am Mittwoch, 23. Juli, ist sicher, wer der Träger sein wird. Erst dann entscheidet der Rat. Und erst dann können die Kita vollends eingerichtet werden und die gezielte Personalsuchaktion anlaufen. Denn ohne Möbel und ohne Betreuer wird ein Träger auch den Eltern kaum Platzzusagen machen können.

Auch für jede der sieben bereits genehmigten temporären Krippenbauten hätten sich freie Träger beworben, berichtet Korn: „Alle Standorte werden ausgeschrieben – wir sind dabei, die Bewerbungen zu bewerten.“ Die viergruppige Kita an der Höhenrandstraße in Vaihingen würde das städtische Jugendamt gern selbst betreiben. Ebenso wie die viergruppige Einrichtung am Sandbuckel in Weilimdorf, doch diese hat bislang (wie auch die an der Hohenfriedberger Straße) noch keine Baugenehmigung. Grund sind laut Hochbauamt Einsprüche aus der Nachbarschaft. Nun müsse das Regierungspräsidium entscheiden. Im Jugendamt gehe man davon aus, dass man als städtischer Träger im Rahmen des Fertigbauprogramms nur 14 zusätzliche Stellen besetzen müsse, so Korn. Er ist sich sicher: „Die Einrichtungen werden nicht leer stehen. Aber es kann sein, dass nach und nach aufgebaut wird, Gruppe für Gruppe.“ Platzzusagen könnten aber schon in diesem Jahr erfolgen – „dann haben die Eltern Planungssicherheit“, sagt Korn.

Das Jugendamt sucht auch im Ausland nach Mitarbeitern

Personelle Löcher würden durch Ausdünnung in den bestehenden Einrichtungen kompensiert. „Wir schreiben ständig Stellen aus“, berichtet der Jugendamtsvize. Und im nächsten Jahr würden bei der Stadt die ersten 50 Erzieherinnen aus der praxisintegrierten Ausbildung (PIA) fertig. Zudem überlege man, künftig auch in anderen Orten im Ausland deutschsprachige Erzieherinnen zu suchen. „Wir werden auch Italienerinnen beschäftigen, die vom Internationalen Bund (IB) kommen“, ergänzt Heinrich Korn. „Aber die müssen erst mal Deutsch lernen“, fügt er hinzu. Und eine große Hürde sei eben auch das Wohnproblem: „Am glücklichsten sind die Rumäninnen, die ein Personalzimmer in Laufnähe zur Einrichtung haben.“ Denn auch Bus- und Bahnfahren kostet Geld.

Die Fertigbauten dürfen nur fünf Jahre lang betrieben werden

Dass die Fertigbauten nur auf fünf Jahre befristet genehmigt sind, bereitet Korn noch kein Kopfzerbrechen. Das aktuelle Ziel sei schließlich, möglichst schnell den Versorgungsengpass für die Familien aufzulösen. Die Fertigkitas können innerhalb von sechs Monaten aufgestellt werden, demnächst wird damit begonnen. Die Stadt investiert dafür insgesamt 26,3 Millionen Euro. Klar sei aber auch, so Korn: „Wir brauchen eine dauerhafte Infrastruktur.“ Wie diese gesichert werden kann, dazu müsse die Verwaltung der Politik Lösungswege vorschlagen, sei es durch bauliche Nachrüstung oder Veränderungen im Baurecht. Schließlich werde ein Teil der Kitas auf öffentlichen Grünflächen errichtet. Doch Korn ist auch davon überzeugt, dass sich bei Kitas, die mit Kindern gefüllt seien, auch der politische Druck erhöhen werde, Lösungen zu finden.

Die Standorte der temporären Tagesstätten

Bad Cannstatt
In der Elwertstraße 8 entsteht eine achtgruppige Einrichtung mit 80 Plätzen für unter Dreijährige.

S-Nord
In der Goppeltstraße 18 wird auf einer Brache, die als Rangierfläche genutzt wurde, ebenfalls eine achtgruppige Krippe für 80 unter dreijährige Kinder errichtet.

Weilimdorf
In der Solitudestraße 121 werden 60 Krippenplätze und 40 Plätze für Drei- bis Sechsjährige geschaffen. Zuvor muss auf der eigentlich für Sport und Spiel ausgewiesenen Fläche eine Altlastenentsorgung erfolgen. Für den Standort Hohenfriedberger Straße 70 gibt es derzeit wegen Einwendungen der Anwohner noch keine Baugenehmigung für die viergruppige Krippe. Aus dem gleichen Grund darf auch am Sandbuckel 47a derzeit nicht gebaut werden. Dort sind 20 Krippen- und 40 Kindergartenplätze geplant.

Vaihingen
Am Wallgraben 2 (Höhenrandstraße) entsteht auf einer Grünfläche eine Krippe für 40 Kleinkinder.

Möhringen
Im Schneewittchenweg 25 entsteht auf einer steilen Obstwiese eine Krippe mit 80 Plätzen.

Süd
In der Eierstraße 154 wird eine Krippe mit 40 Plätzen gebaut. Bisher wurde das Grundstück vom Gartenamt als Lagerfläche genutzt, teils war es als Abstellfläche verpachtet.

Rohr
In der Krehlstraße 80 entsteht südlich der Festwiese eine Krippe für 80 Kleinkinder. Zuvor muss eine Hauptwasserleitung durch die EnBW verlegt werden.