Die Zeiten der Engpässe sind bald vorbei: Von Herbst an gibt es in Korntal-Münchingen erstmals seit langem ausreichend Möglichkeiten für Eltern, ihre Kinder betreuen zu lassen.

Jörg Henschke berichtet regelmäßig über die Situation der Kinderbetreuung in Korntal-Münchingen. Die war mangels Kitaplätzen in den vergangenen Jahren alles andere als rosig. Jetzt dreht sich der Wind. Der Sachgebietsleiter spricht im Sozialausschuss von einer „deutlichen Zäsur“: Künftig gibt es stadtweit nämlich ausreichend Kitaplätze. Wie das?

 

Als Gründe nennt Jörg Henschke einmal die Inbetriebnahme der Kita im Neubaugebiet Korntal-West, die sich zuletzt mehrmals verzögert hat. Wenngleich im Stadtteil Korntal zum April noch 22 Plätze für Kinder von drei bis sechs Jahren fehlen – der Bedarf liegt bei 388 Plätzen – „wird der Platzbedarf für die nächsten 20 Jahre und darüber hinaus abgedeckt sein“, sobald die neue Einrichtung im Herbst öffnet. Zum April 2026 steigt die Zahl der Plätze von 366 auf 458. Wie viele Kinder hinzukommen, wenn in der Lilienthalstraße die Flüchtlinge in die Sammelunterkunft einziehen, ist offen. Jörg Henschke schätzt zehn bis 15 Kitakinder plus Schulkinder.

„Das U-3-Telefon steht still“

Der Blick auf die Zahlen für die Stadtteile Münchingen und Kallenberg zeigt, dass dort durchgehend Plätze frei sind. Jörg Henschke erinnert daran, im Jahr 2021 habe man noch damit gerechnet, in Münchingen einen weiteren Kitastandort finden zu müssen.

Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren gibt es auch genug. Laut Henschke ist die Nachfrage in den vergangenen Monaten „signifikant“ gesunken. „Das U-3-Telefon steht still, bei uns wie im Landratsamt“, erzählt er und auch, das sei selbst während der Coronapandemie nicht so gewesen.

Die Geburtenrate sinkt seit Jahren

Mittlerweile sei die wirtschaftliche Gesamtlage aber so schlecht, dass keine Frau mehr früher aus der Elternzeit zurückkehrt und deshalb schneller als geplant Betreuung nötig ist. „Die wirtschaftliche Unsicherheit wird sich gravierend auf die Geburtenrate niederschlagen“, prophezeit Jörg Henschke. Wer plane schon Nachwuchs, wenn er Kurzarbeit habe? Hinzu kommt: Die Gruppe der 20- bis 35-Jährigen, also die der potenziellen Eltern, sei kleiner als die der 35 plus.

Die Geburtenrate geht schon seit Jahren zurück. Das wirkt sich auch auf die Zahl der Schüler aus. Nach der aktuellen Prognose liegen die künftigen Jahrgangsstärken in der Stadt mit 185 bis 190 Kindern deutlich unter den in den vergangenen 15 Jahren gewohnten Jahrgangsstärken von rund 210 Kindern. Unterm Strich heißt das, im Jahr 2030 leben in Korntal-Münchingen perspektivisch bloß noch etwa 1130 unter Sechsjährige – statt 1294 (Bestand Ende August 2024). „Der Rückgang führt zu einer deutlichen Entlastung des Kitasystems“, so Henschke.

Betreiber haben hohe Hürden

Nichtsdestotrotz hatte die Stadt gehofft, das U-3-Angebot ausbauen zu können. Ein Betreiberpaar hätte im Walter-Somnier-Haus zwei Kindernester mit bis zu 20 Plätzen einrichten können – die zwei Krippen dort wären in die Kita-West gezogen. Das Landratsamt stellt aber keine Betriebserlaubnis aus, bedauert Jörg Henschke: Kindernester seien eine eigene Betriebsform, und wie angedacht Räume wie Küche und Büro gemeinsam zu nutzen, sei nicht möglich. Auch wenn sich das schwer nachvollziehen lasse: „Wir müssen das leider so hinnehmen.“

Das „Dauerthema Nummer eins“ bleibt Henschke zufolge die Personalsituation. Zwar verzeichnet die Stadt zum März nur 3,69 offene Stellen – die Gesamtlage sei auch im Vergleich zu anderen Kommunen aktuell „ziemlich gut“ –, es gelte nun jedoch, Fachkräfte für die Kita-West zu gewinnen.

Kitas öffnen noch bis 15.30 Uhr

Sowohl der CDU-Fraktionschef Oliver Nauth (CDU) als auch der FDP-Vorsitzende Peter Ott hegen Zweifel an der laut der Stadt vergleichsweise guten Personallage. Eine angebliche Fluktuation könne er nicht bestätigen, so Henschke, es habe lediglich einen Wechsel zur Diakonie gegeben. Zur nach Ansicht von Nauth und Ott dringend nötigen Rückkehr zum Ganztag bis mindestens 17 Uhr sagt Jörg Henschke, dies sei perspektivisch denkbar. Gleichwohl habe bei den Eltern ein verlässlicher Kitabetrieb eine höhere Priorität als längere Öffnungszeiten. Dem widersprechen Nauth und Ott. Derzeit betreuen die Kitas bis höchstens 15.30 Uhr.