Der Pfarrer Robert Lukaschek hält nichts von Kleinkindern in Kindergärten. Er will keine Zweijährigen aufnehmen.

Göppingen - Der katholische Pfarrer Robert Lukaschek vertritt eine klare Position: Kinder unter drei Jahren gehören nicht in den Kindergarten. Diese Äußerung wäre wohl kaum der Rede wert, wäre Lukaschek nicht zugleich Vizedekan des Dekanats Göppingen-Geislingen und als Seelsorger für sieben Kirchengemeinden im mittleren Fils- und im Lautertal zuständig, die alle auch Kindergärten betreiben. Lukaschek wehrt sich dagegen, dass dort unter Dreijährige (U3) aufgenommen werden. Diese Tatsache soll im Falle des Kindergartens St. Elisabeth in Salach sogar zur Kampfabstimmung im Kirchengemeinderat geführt haben, in der Lukaschek aber unterlag. Dort werden seither auch Zweijährige aufgenommen.

 

„Man muss der Forderung nach einer U3-Betreuung nicht blind hinterherrennen“, propagiert Lukaschek unverdrossen. „Vor zehn Jahren hätte man das noch abgelehnt.“ Man müsse sich bemühen, den Müttern die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder länger selbst zu Hause betreuen zu können. Er verweist auf Studien, die zeigten, dass die frühkindliche Bindung sehr wichtig sei. „Es reicht nicht, die Kinder anderswo zu betreuen“, mahnt er. So würden familiäre Probleme jedenfalls nicht gelöst.

Bürgermeister sehen es gelassen

Lukascheks Haltung blieb bislang in fast allen Kommunen ohne Widerhall. In Salach, Ottenbach, oder Donzdorf gibt es schließlich auch nicht-katholische Kindergärten, die kein Problem damit haben auch Kleinkinder aufzunehmen – der ganz kleine Nachwuchs findet also durchaus einen Platz. Die Bürgermeister sehen die Haltung des Vizedekans dementsprechend gelassen. „Ich habe damit kein Problem. Im Gemeindekindergarten bieten wir die U3-Betreuung an. Die Eltern haben also die Wahl“, sagt der Ottenbacher Schultes Oliver Franz. Der Schultes ist aber durchaus froh, dass seine Kinder von seiner Frau daheim betreut werden. „Aber es gibt auch andere Fälle, da ist es notwendig, einen Krippenplatz zu haben. Es muss beides geben“, räumt er ein.

Ganz anders in Lauterstein. In den beiden Teilorten der Stadt, Nenningen und Weißenstein, gibt es nämlich nur je einen katholischen Kindergarten. Der Bürgermeister Michael Lenz sagt: „Ich bin irritiert von den Aussagen des Pfarrers. Wir haben in beiden Einrichtungen bereits Kinder ab zwei Jahren und arbeiten mit den Kirchengemeinden prima zusammen“, sagt er. Er habe zwar noch nicht festgestellt, dass es auch Bedarf für eine Betreuung von noch kleineren Kindern. gebe Aber er sei zuversichtlich, dass man dem gesetzlichen Anspruch auf einen Platz ab dem Jahr 2013 gerecht werde.

Keine Unterstützung aus den eigenen Reihen

Lukaschek sagt: Seine Position, dass die Politik auch die häusliche Kinderbetreuung stärken müsse, scheine bedauerlicherweise indiskutabel zu sein. Das stimmt wohl nicht ganz: Diskutiert wird das Thema durchaus. Und Lukaschek findet auch Mitstreiter. Der Göppinger Kreisverband der Christdemokraten für das Leben (CDL), eine CDU-nahe Gruppierung, die einmal Gummiföten zur Mahnung vor Abtreibung verteilte, applaudiert dem aus ihrer Sicht mutigen Pfarrer. Axel Raisch, Rainer Heer und andere CDLer prangern polemisch die „Forcierung des Krippenausbaus, wie er in der DDR üblich war“ an.

Dekan und Bischof befürworten Kinderkrippen

Weniger Zustimmung erfährt Lukaschek aus den eigenen Reihen. Der Dekan, Dietmar Hermann erkennt zwar an, dass sein Stellvertreter eine Diskussion anstoßen will. „Es ist sinnvoll, eine Stärkung der Familien zu fordern“, meint er. Von der totalen Ablehnung, wie Lukaschek sie fordert, hält er aber nichts. „Es muss eine Entscheidungsmöglichkeit für die Eltern geben.“ In den Kitas für die er zuständig ist, werden unter Dreijährige betreut. Er relativiert außerdem den Einfluss seines Stellvertreters. „Es gibt in der Kirchengemeinde in Belangen der Kindergärten kein Vetorecht des Pfarrers. Das gilt nur in Glaubensfragen“, sagt er.

Eine ebenso klare Position dazu hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Deren Sprecher verweist auf die Beschlusslage der Diözese, die der Bischof Gebhard Fürst 2008 in Kraft gesetzt hat: Die Kirchengemeinden beteiligen sich an der Bereitstellung hochwertiger und differenzierter Betreuungsangebote für unter dreijährige Kinder, heiße es da explizit.