Berufstätige Eltern sind darauf angewiesen, dass ihre Kinder den ganzen Tag über betreut werden. Das sieht in den Städten und Gemeinden im Kreis unterschiedlich aus.

Leonberg - Für Aufsehen hatte kürzlich der Elternprotest in Renningen gesorgt. Der Stadtverwaltung hatten sie vorgeworfen, kein Konzept für die Kinderbetreuung in der Stadt zu haben. Eines der Kernprobleme dabei ist, dass es in Renningen zu wenige Plätze für die Ganztagsbetreuung der Kinder gibt. Wie sieht das am Rankbach genau aus? Und wie ist die Situation in anderen Städten und Gemeinden im Kreis Böblingen? Das zeigt unser kleiner Rundum-Blick.

 

Ob der Bedarf in einer Stadt wirklich gedeckt ist, ist schwer zu ermitteln. Eine Statistik über Eltern, die auf Vollzeitstellen verzichten, oder die auf Verwandte und Großeltern setzen, gibt es nicht. Von den Stadtverwaltungen wollten wir daher wissen, ob sie an Eltern Absagen erteilen müssen.

Leonberg

366 Kinder werden in Leonberg zur Zeit ganztags betreut – das sind 25 Prozent aller Kinder. „Es werden aktuell Anmeldelisten, aber keine Wartelisten geführt“, teilt die Rathaussprecherin Karin Kießling-Emhardt mit. Der Bedarf an Ganztagesplätzen könne also derzeit gedeckt werden, auch wenn das der Stadt und den Kirchen einiges an Anstrengungen abverlange. „Üblicherweise haben wir Planungszeiträume von sechs Monaten und geben Eltern vier Monate vor dem gewünschten Aufnahmetermin eine Zusage“, sagt sie.

Auch in Leonberg gehen die Planungen der Kindergartenverwaltung aber weiter. Aktuell ist in Warmbronn eine viergruppige Einrichtung mit Ganztagsbetrieb geplant, die im Mai 2020 in Betrieb gehen soll. Vor einem Monat hat der Gemeinderat zudem im Norden Leonbergs, unter dem Engelberg, den Neubau einer Kita beschlossen.

Weil der Stadt

In Weil der Stadt gibt es zurzeit 130 Ganztagsplätze für Kindergartenkinder: 60 in Weil der Stadt, 40 in Merklingen und 30 in Schafhausen. „Das ist zwar auf Kante genäht, reicht aber aktuell noch aus“, sagt Tanja Kübler, die Amtsleiterin für Jugend und Soziales. Das kommende Kindergartenjahr 2019/20 habe man durchgeplant und alle Elternwünsche nach Ganztagsplätzen erfüllt. „Das liegt vor allem auch daran, dass man bei uns nicht die volle Woche buchen muss, wir vergeben Ganztagsplätze auch an einzelnen Wochentagen“, erklärt Kübler. Damit reagiere man auf den Bedarf. „In der Realität haben die Mütter eher selten Vollzeitstellen“, stellt die Amtsleiterin fest. Das ist zwar für die Einrichtungen und für die Kita-Verwaltung im Rathaus ein größerer Aufwand. „Dieses Konzept haben wir aber von Anfang an gefahren“, sagt Tanja Kübler.

Um den Bedarf an Ganztagsplätzen auch in Zukunft decken zu können, denkt die Stadtverwaltung aber schon weiter. Zum Kindergartenjahr 2020/21 geht der neu gebaute katholische Kindergarten in Betrieb. „Dort ist Platz für zusätzliche 40 Ganztagsplätze“, kündigt Kübler an.

Renningen

200 Ganztagsplätze gibt es in der Stadt für Kindergarten-Kinder und 50 Plätze für Krippen-Kinder. Das ist zum einen zu wenig, zum anderen sind die Plätze auch falsch auf die einzelnen Stadtteile verteilt. In Malmsheim gibt es für die älteren Kinder 90 Plätze, in Renningen 110. Wegen des großen Neubaugebiets Schnallenäcker müsste es umgekehrt sein.

Wie viele Ganztagsplätze in Renningen fehlen, weiß die Stadtverwaltung nicht. „Wir gehen aber davon aus, dass wir uns mit der neuen Kita Rankbachstraße dem Bedarf annähern“, sagt Marcello Lallo, der verantwortliche Amtsleiter für den Fachbereich Bürger und Recht. Die Kita in der Rankbachstraße wird derzeit gebaut und soll im Juli 2020 in Betrieb gehen. Platz für drei Gruppen mit insgesamt 60 Ganztags-Plätzen wird dort sein. Je nach Betriebsart auch mehr. Denn wenn die Kinder kürzer bleiben, dürfen die Gruppen größer sein.

Die Pläne in Renningen reichen aber noch weiter. Denn im Neubaugebiet Schnallenäcker III soll es eine neue Tagesstätte mit insgesamt acht Gruppen geben: Fünf Gruppen für Kleinkinder und drei für Kindergartenkinder. Derzeit prüft das Stadtbauamt, ob die acht Gruppen in einem Haus oder an zwei verschiedenen Standorten unterkommen. Und noch ein Problem brennt den Renninger Eltern unter den Nägeln: Dass es nämlich nicht möglich ist, nur an einzelnen Wochentagen einen Ganztags-Platz zu buchen – aus pädagogischen Gründen, wie die Stadt sagt. „Wir werden das offen diskutieren“, kündigt Marcello Lallo an.

Rutesheim

125 Ganztags-Kindergartenkinder werden aktuell in Rutesheim betreut. „Damit erfüllen wir den Bedarf an Ganztags-Betreuungen vollständig“, sagt der Beigeordnete Martin Killinger. Zusätzlich gibt es hier, wie auch in anderen Kommunen, Kooperationen mit Tageseltern. 15 Kinder betrifft das in Rutesheim, wo man dieses Modell als erste Kommune im Kreis eingeführt hat.

Auch hier sind die Mitarbeiter in Planungen vertieft, um den Bedarf auch in Zukunft decken zu können. Auf dem heutigen Bosch-Gelände ist eine neue Kita geplant mit drei Ganztagsgruppen für Kindergartenkinder mit 60 Plätzen und zwei Ganztagsgruppen für Krippenkinder mit 20 Plätzen. Baubeginn ist im Frühjahr 2020, die Fertigstellung im Sommer 2021 vorgesehen. In den Obergeschossen der neuen Kita sind zwölf Wohnungen geplant. „Die wollen wir vorrangig an künftige städtische Mitarbeiter vermieten“, sagt Killinger, der das als Maßnahme sieht, angesichts des Fachkräftemangels als Arbeitgeber attraktiv zu sein.

Nur einzelne Tage als Ganztag zu buchen, geht in Rutesheim übrigens auch. „Das ist ein nachvollziehbarer Wunsch der Eltern“, sagt der Beigeordnete.

Weissach

70 Ganztagsplätze für Kindergartenkinder gibt es in Weissach. Die Gemeinde war dabei in der glücklichen Lage, dass sie viel zu viele Plätze hatte. Als die Verwaltung im Juni 2018 einen Bedarfsplan erstellt hat, war darin zu lesen, dass es nur 35 Ganztags-Kinder gibt. Das war damals eine Nutzungsquote von nur 44 Prozent. Nachdem nun mehr Familien als gedacht zugezogen sind, gibt es aktuell kein Überangebot mehr. „Alle Betreuungsnachfragen aus der Gemeinde können wir erfüllen“, sagt der Bürgermeister Daniel Töpfer. „Da die Auslastung aktuell hoch ist, nehmen wir jedoch keine Kinder mehr von auswärts an.“

Böblingen

639 von 2213 Plätzen in den Böblinger Kindergärten sind Ganztagsplätze. Das reicht allerdings nicht. „Derzeit können wir nicht alle Anfragen nach einem Ganztagsplatz erfüllen“, teilt der städtische Pressesprecher Fabian Strauch mit. 250 Kindern habe man nicht den Platz geben können, den die Eltern beantragt haben. Dann berate man die Eltern, sagt Strauch. „Oft konnten alternative Modelle gewählt werden oder der gewünschte Platz konnte zu einem späteren Zeitpunkt vermittelt werden.“

Um Abhilfe zu schaffen, hat der Böblinger Gemeinderat im Mai eine große Kita-Offensive beschlossen und dafür 60 Millionen Euro bereit gestellt. In den nächsten Jahren sollen damit 500 zusätzliche Betreuungsplätze entstehen.

Sindelfingen

280 Plätze für die Ganztagsbetreuung der Kinder im Kindergartenalter gibt es derzeit in Sindelfingen. „Jeder, der einen Ganztagsplatz wollte, hat auch einen bekommen“, sagt die städtische Pressesprecherin Nadine Izquierdo. Auch wenn man die Wunsch-Kita nicht immer ermöglichen könne.