Die Esslinger Kinderbuchautorin Ina Brandt begeistert junge Leserinnen und Leser mit ihren magischen Eulengeschichten. Hier verrät sie, wie Kinder zum Lesen motiviert werden.

„Ich möchte mit meiner Art zu schreiben möglichst viele Kinder erreichen und ihnen Lust aufs Lesen machen.“ Die Esslinger Kinderbuchautorin Ina Brandt ist richtig gut darin, Kinder mit ihrer eigenen Begeisterung fürs Schmökern anzustecken: Mehr als 900 000 Exemplare ihrer 18-bändigen Erfolgsreihe „Eulenzauber“ um die kesse Flora und ihre magische Zaubereule Goldwing wurden bisher verkauft. Auch andere Buchreihen aus der Feder von Ina Brandt wie „Ponyfreundinnen“ oder „Die Zauberschneiderei“ sind seit vielen Jahren aus den Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken und haben eine riesige Fangemeinde unter jungen Leseratten.

 

Dabei kam die heute 56-Jährige eher zufällig zum Schreiben: Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester und einem Germanistikstudium arbeitete sie beim renommierten Kosmos-Verlag als Lektorin in der Sparte Kinder- und Jugendbuch. Als die englische Autorin Linda Chapman ihre „Sternenschweif“-Bestseller nicht mehr weiterschreiben wollte, sprang ihre Lektorin Ina Brandt ein und fand Gefallen am Entwickeln und Schreiben von Geschichten mit Einhörnern, Ponys und Pferden für junge Leserinnen und Leser. Doch sie war auch schon immer ein Eulenfan und es war ihr Traum, irgendwann eine kleine Zaubereule zur Hauptfigur einer Erzählung zu machen.

Um die Figuren von Ina Brandt ist ein kleines Bücheruniversum entstanden. Foto: Gaby Weiß

Flora und Eule Goldwing statt Einhörner

Als sie eines Abends in ihrem Esslinger Garten saß und in den alten Bäumen ein Käuzchen rufen hörte, klang das für sie wie: „Jetzt vergiss’ mal Einhörner, Ponys und Pferde und versuch’s endlich mit Deiner Eule“, erzählt sie lachend, wie Flora und ihre magische Eule Goldwing in ihr Autorinnenleben traten. In mittlerweile 18 Bänden begeistert das liebenswerte Duo die acht- bis neunjährigen Bücherwürmer: „Eine gute Geschichte muss die Leser packen, und sie muss Emotionen wecken. Deshalb gibt es bei meinen Büchern immer ein Happy End und ein schönes Schlussbild, das nachklingt und das Lust aufs Weiterlesen macht“, erläutert Ina Brandt.

Mittlerweile gibt es sogar schon ein vierbändiges Spin-Off „Zaubereulen in Federland“ mit Elfenkäuzin, Schneeeule und Brillenkauz. Und für die noch jüngere Leserschaft ab sechs Jahren wurde im letzten Jahr mit „Eulenzauber Junior“ eine eigene Reihe in großer Schrift entwickelt, die eine einfachere Lese-Geschichte durch viele bunte Bilder, kleine Rätsel und Mitmach-Elemente ergänzt. „Kinder sind von Eulen fasziniert“, weiß Ina Brandt, die häufig auf Lesereise unterwegs ist. Da imitiert sie dann mit einer Tonpfeife den Ruf des Käuzchens, sie zeigt Bilder von Waldohreule und Steinkauz, hat echte Eulenfedern zum Anfassen mit dabei und erklärt, weshalb Eulen geräuschlos fliegen können.

Mit viel Fingerspitzengefühl denkt sich Ina Brandt in die Lebenswirklichkeit der jeweiligen Altersgruppe hinein. Sie beobachtet die kleinen Zuhörer bei ihren Lesungen aufmerksam, und sie gibt zu, dass sie bei Besuchen im Park, im Supermarkt und in der Bücherei immer die Ohren spitzt: „Wie erleben Kinder bestimmte Dinge? Was ist ihnen wichtig? Was weckt ihre Neugier? Wie gehen sie auf etwas zu?“ Ein verständlicher Wortschatz, ein einfacher Satzbau und eine überschaubare Anzahl an Personen seien elementar, um junge Leser bei der Stange zu halten. Die Geschichte müsse emotional sein, mit spannenden, aber nie allzu aufregenden Wendungen aufwarten und lustige Details ins Spiel bringen: „Bei ‚Eulenzauber Junior‘ klaut ein Waschbär einen Glücksstern. Als er ihn zurückbringt, hält Flora ihn mit spitzen Fingern hoch: ‚Iiihh, da klebt ja noch Waschbär-Spucke dran!‘ Kinder lieben so etwas“, weiß Ina Brandt.

Keine Fantasiewelt wie bei Harry Potter

Ganz bewusst setzt sie in ihren Kinderbüchern immer auf eine magische Komponente: „Das ist nicht wie bei ‚Harry Potter‘ eine ganze fantastische Welt. Bei mir ist das eher ein magischer Realismus: Meine Geschichten spielen in der Realität der Kinder, mit langweiliger Schule, doofen Mitschülerinnen und Ärger mit den Eltern. Diese Welt wird aufgebrochen durch ein magisches Element wie die Zaubereule. Das ist dann eine Welt, die nur dem lesenden Kind gehört. Eine Welt, in die es sich flüchten kann, wo man sich hilft und wo es selbst etwas zum Guten bewegen kann.“

Die Resonanz auf die Bücher ist überwältigend. Foto: Gaby Weiß

Ina Brandt will Kindern für die Zeit des Lesens bewusst eine heile Welt anbieten: „Die Realität, die unsere Kinder heute erleben, ist sehr vielschichtig und oft schwierig. Kinder müssen einiges aushalten, auch in der Schule, sie müssen stillsitzen, sie müssen funktionieren. Deshalb dürfen sie sich beim Lesen meiner Bücher ein bisschen wegträumen und in diese magische Welt eintauchen, in der vieles einfacher ist.“ Dass das gelingt, erfährt sie durch viele Zuschriften ihrer kleinen Leser: „Immer wieder schreiben sie mir: Ich habe beim Lesen alles um mich herum vergessen.“ Und das, obwohl (oder vielleicht gerade weil) Flora ganz ohne Smartphone unterwegs ist.

Aus dem Alltag einer Kinderbuchautorin

Schreibprozess
Ina Brandt denkt in Bildern: „Ich habe immer zuerst das Coverbild im Kopf. Daraus entwickelt sich dann die Geschichte. Zunächst schreibe ich ein kürzeres Exposé, dann eine längere Version mit einem detaillierten Kapitelaufbau, mit Handlungsbogen, Höhepunkten und Verwicklungen. Auch das Schlussbild sehe ich schon früh vor mir. Nach dem ausführlichen Entwurf bin ich dann warmgeschrieben und kann direkt mit dem Text loslegen.“

Schreibblockade
Ina Brandt ist eine sehr produktive Autorin, insgesamt hat sie schon 70 Bücher veröffentlicht (www.inabrandt.de). Trotzdem ist auch sie gegen Schreibblockaden nicht gefeit. Wenn’s mit dem Geschichtenerzählen mal nicht so gut läuft, geht sie raus in die Natur: „Der Wald ist für mich Inspirationsquelle, ich kann in alle Töne von Grün eintauchen. Da komme ich mit frischen Gedanken, neuen Ideen und freiem Kopf zurück. Und dann geht die Geschichte meistens auch wieder voran.“ Schreiberfolg
Die vielgelesene Esslinger Kinderbuchautorin beantwortet jede Fan-Post persönlich. Besonders glücklich ist sie, wenn sie mit ihren Büchern die Freude am Lesen wecken kann, wie bei einem kleinen Mädchen, das ihr in Schönschrift auf mit Eulen verziertem Papier schrieb: „Zuerst habe ich Lesen gehasst, doch als meine große Schwester so von Ihren ‚Eulenzauber‘-Büchern schwärmte, musste ich sie auch lesen, seitdem mag ich Lesen sehr gerne.“