Ab wann dürfen Kinder alleine ins Museum? Die Regelungen sind unterschiedlich. Besonders streng ist das Kindermuseum. Ein Kinobesuch ist dagegen schon mit sechs Jahren alleine möglich. Was ist noch erlaubt in welchem Alter?

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Drei Achtjährige wollten kürzlich in Stuttgart alleine ins Museum. Der eine war schon mehrfach im Stadtlabor des Stadtpalais gewesen, mal mit den Eltern, mal mit der Schule. Er habe seinen Freunden die „Baustelle“ zeigen wollen, sagt seine Mutter. Doch schnell seien die drei wieder bei den Eltern aufgeschlagen, die gemeinsam im Außenbereich des Museums saßen. Das Aufsichtspersonal habe die drei weggeschickt. Denn: Kinder unter zwölf Jahren dürfen nicht unbeaufsichtigt ins Stadtpalais. Es ist also auch nicht möglich, dass sich Eltern eine aktuelle Ausstellung ansehen, während sich ihre Kinder im Grundschulalter im Kinderbereich beschäftigen.

 

Warum ist das eigentlich so? Die Sprecherin des Stadtmuseums, Sabrina Volkmann, begründet die Regelung mit der „Aufsichtspflicht und Haftungsfragen“. Alle Ausstellungen des Museums seien für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren kostenlos, aber die Aufsicht durch einen Erziehungsberechtigten müsse bis zum Alter von zwölf Jahren gegeben sein – das eigene Personal könne diese nicht übernehmen. Zwölf Jahre sei auch die Altersgrenze des Stadtlabors. Ältere Kinder ab zwölf Jahren seien in den übrigen Ausstellungen dann auch alleine willkommen, so Volkmann.

Naturkundemuseum besonders offen für Kinder

Wie ist die Regelung in anderen Museen? Tatsächlich fordern die meisten Stuttgarter Museen auch für Kinder, die bereits in die Schule gehen, die Begleitung eines Erwachsenen – aber nicht alle. Ins Naturkundemuseum dürfen Mädchen und Jungen schon ab dem siebten Geburtstag alleine oder mit ihren Freunden gehen. Beim Museum am Löwentor komme es immer mal wieder vor, „dass eine Gruppe Sieben- oder Achtjähriger bei uns durch wuselt“, berichtet die Museumssprecherin Lisa-Marie App. Wenn, dann vor allem am Mittwochnachmittag, wenn der Eintritt frei ist. Dann seien die Kinder vielleicht zuerst auf dem Spielplatz im Park und kämen dann noch zum Dino-Gucken ins Haus. Natürlich sei es auch möglich, dass sich Eltern und ihre Kinder unterschiedliche Bereiche des Hauses angucken.

Die beiden Automuseen verlangen aus versicherungstechnischen Gründen bei Kindern bis einschließlich 14 Jahre die Begleitung einer erwachsenen Begleitperson. Dafür zahlen Kinder bis zum 15. Geburtstag nichts. Im Linden-Museum und in der Staatsgalerie gibt es bisher keine Altersregelung für den Einlass, im Kunstmuseum muss man 13 Jahre alt sein. Im Landesmuseum und im dazu gehörigen Musikinstrumentenmuseum sind wie im Stadtpalais zwölf Jahre gefordert – mit einer Ausnahme: das Junge Schloss. Ausgerechnet hier ist der Einlass strenger geregelt.

Eltern begleiten auch ihre älteren Kinder ins Kindermuseum

Ins Kindermuseum, das momentan wegen Umbaus geschlossen ist, dürfen auch Schüler, die dem Grundschulalter längst entwachsen sind, nicht ohne Erziehungsberechtigten. In einer eigenen Hausordnung ist geregelt, dass Besucher bis 18 Jahre nur mit erwachsener Begleitung die Ausstellungsräume betreten dürfen. Warum gibt es in einem Gebäude zwei Altersregelungen?

Museumssprecherin Heike Scholz begründet dies vor allem pädagogisch: Die größeren Kinder seien raumeinnehmender, sie verschreckten die Jüngeren schnell. Außerdem wolle man nicht, dass Eltern ihre Kinder bei ihnen im Museum „zwischenparken“, um etwas anderes zu tun (was den Besuch des Erwachsenenbereichs einschließt). Es handele sich beim Jungen Schloss um ein Familienmuseum. „Die wenige gemeinsame Zeit sollte man bewusst zusammen genießen“, sagt Scholz. Dass es Eltern gibt, die statt ihre Kinder zu betreuen aufs Smartphone gucken, kann sie nicht leugnen. „Da können wir nichts machen“, sagt sie. Natürlich spielten bei der Entscheidung, auf Begleitpersonen zu pochen, auch Haftungsgründe eine Rolle. Und noch etwas: Ein Kind habe sich vor Jahren in der Ausstellung den Arm gebrochen. „Was ist, wenn dann niemand da ist“, fragt sie. Bei Kindern könne immer etwas passieren.

Eltern sollten ihren Kindern mehr zutrauen, meint die Kinderbeauftragte

Die städtische Kinderbeauftragte Maria Haller-Kindler kann die Haltung der zurückhaltend agierenden Museen verstehen. Grundsätzlich denkt sie aber, dass es mehr Angebote in der Stadt geben sollte, die Kinder eigenständig entdecken können. „Das müssten ihnen aber ihre Eltern auch zutrauen“, merkt sie an. Hier sieht sie eher den Hemmschuh als bei den Institutionen. „Der Zeitpunkt, ab dem Eltern ihren Kindern etwas zutrauen“, werde immer später – Stichwort: Elterntaxi. Die Eltern hätten Angst um ihre Söhne und Töchter. „Das steht in Stuttgart in krassem Gegensatz dazu, wie sicher der öffentliche Raum für Kinder ist“, sagt die Kinderbeauftragte.

Sie rät Eltern, bei der Förderung der Selbstständigkeit schrittweise vorzugehen und den Radius zu erweitern: indem man das Kind kleine Wege erledigen oder einen Ausflug zum Spielplatz machen lässt. Wichtig sei dabei: klare Verabredungen zu treffen und vor allem eines zu besprechen: „Wie verhält man sich, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert?“ Wer seinen Kindern etwas zutraue, „stärkt das Kind“, wirbt sie bei Eltern dafür, ihre Kinder den öffentlichen Raum erleben zu lassen.