Neben dem Schicksal von Maria beschäftigt die Polizei nun ein weiterer Fall von Kinderhandel: Verhaftet wurden drei Personen, nachdem sie versucht hatten, ein Baby zu registrieren.
Athen - Während das Schicksal der kleinen Maria aus dem Roma-Lager in Farsala weiter Staub aufwirbelt, ruft ein ähnlicher Fall in Griechenland neues Aufsehen hervor: Am Mittwoch nahm die Polizei in der Nähe der Stadt Mytilini auf der Insel Lesbos drei Roma fest. Bei ihnen wurde ein zweieinhalb Monate alter Junge gefunden.
Die 51-jährige Frau, ihr 21 Jahre alter Sohn und dessen 19-jährige Freundin hatten versucht, das Baby beim Standesamt zu registrieren. Sie konnten aber nicht die erforderlichen Nachweise vorlegen. Die Standesbeamten alarmierten die Polizei, die das Trio in einem Roma-Lager bei der Ortschaft Agia Kyriaki festnahmen. Zur Herkunft des Babys machten die drei Festgenommenen widersprüchliche Angaben: Mal erklärten sie, eine unbekannte Frau habe ihnen das Kind vor einem Krankenhaus in Athen anvertraut. Dann hieß es, es handele sich um ein Kind aus der eigenen Verwandtschaft, das sie vorübergehend betreuen sollten.
Die Mutter hat Maria angeblich für 250 Euro verkauft
Unterdessen ist es den Behörden in Bulgarien offenbar gelungen, die leibliche Mutter der kleinen Maria zu finden. Die bulgarische Staatsanwaltschaft leitete am Donnerstag nach eigenen Angaben Ermittlungen gegen eine Verdächtige wegen Kindesaussetzung ein. Ihren Initialen zufolge handelt es sich offenbar um jene Roma-Frau, die bulgarische Medien zuvor als Mutter des blonden Mädchens identifiziert hatten. Die bulgarischen Ermittler werfen nach eigenen Angaben der Frau vor, ihr Kind im Jahr 2009 in Griechenland verkauft zu haben. Demnach ordneten die Behörden einen DNA-Test zur Überprüfung der Elternschaft an. Medienberichte zufolge handelt es sich bei den Eltern um Sascha und Anatas R., ein Roma-Paar aus der zentralbulgarischen Stadt Nikolaewo. Den Berichten nach hatte die Mutter Nachbarn erzählt, dass sie ihre Tochter für umgerechnet 250 Euro verkauft habe.
Sascha R. sagte vor der Polizeistation der Stadt Gurkowo, sie wisse nicht, ob es sich bei Maria um ihre Tochter handele, es gebe aber tatsächlich „Ähnlichkeiten“. Sie beteuerte, ihr Kind aus schierer Not und nicht gegen Geld in Griechenland zurückgelassen zu haben. Maria sei damals sieben Monate alt gewesen. Ihr Sohn Jesus sagte laut der Nachrichtenagentur BGNES, seine Mutter habe das Mädchen vor ihrer Heimkehr nach Bulgarien zurückgelassen, weil sie „weder Geld, noch Ausweispapiere“ gehabt habe.
Medienberichten zufolge hat das Paar zwischen acht und zehn Kinder, von denen fünf blonde Haare haben und Maria sehr ähnlich sehen. Laut einer zahnärztlichen Untersuchung ist Maria fünf bis sechs Jahre alt. Die griechische Polizei hatte Maria vor gut einer Woche in einem Roma-Lager in der Stadt Farsala entdeckt. Sie war den Beamten aufgefallen, weil sie ihren angeblichen Eltern überhaupt nicht ähnelte. DNA-Tests bestätigten, dass es sich bei dem Paar nicht um die Eltern handelte.
Kinder wie Waren hin-und herschieben sei keine Seltenheit
Dass Kinder als Ware hin- und hergeschoben, gehandelt und verliehen werden, ist nach Aussagen von Kennern der Szene unter den Roma in Griechenland keine Seltenheit. Ein Motiv ist das Kindergeld – wie im Fall Maria: Die angeblichen Eltern hatten in mehreren Gemeinden mit unterschiedlichen Namen statt fünf Kindern 14 Kinder angemeldet. Wie viel Kindergeld die Eheleute kassierten, ist noch unklar. Die Polizei schätzt, dass es fast 2 800 Euro im Monat gewesen seien.
Es sei gerade in Südosteuropa durchaus üblich, dass Roma-Familien Kinder weggeben, tauschen oder ausleihen, mitunter über Landesgrenzen hinweg, sagt ein Athener Ermittler, der mit den Verhältnissen vertraut ist. Das Motiv sei nicht immer allein Sozialbetrug. „Am lukrativsten ist es, die Kinder betteln zu lassen“, sagt der Informant. „Da kommen schnell am Tag 100 Euro und mehr zusammen“. Kleine Mädchen erzielten dabei durchweg höhere Einnahmen, weil sie größeres Mitleid erweckten, sagt der Experte.