Der Verein Kinderhelden fördert Grundschulkinder mit schlechten Startchancen. Die Warteliste für Kinder mit Lerndefiziten wird immer länger.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Das Abitur hat der junge Mann mit einer Belobung bestanden. Dass Deniz (Name geändert) diesen Weg geschafft hat, ist nicht nur seiner eigenen Motivation zu verdanken, sondern dem Verein Kinderhelden e.V. Deniz hat alle Rekorde geschlagen, auch schon deshalb, weil er sich zehn Jahre lang jede Woche mit seinem Kinderhelden-Mentor getroffen hat. In der Regel ist ein solches Lerntandem für die Grundschulzeit angelegt, mindestens aber für ein Jahr. Ausnahmen bestätigen die Regel, denn es geht um Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien oder mit einem Migrationshintergrund und schlechten Deutschkenntnissen. Seit zehn Jahren sind die Kinderhelden mit ihrem Mentorenprogramm aktiv. Tausende Kinder konnten dank ihrer Hilfe in der Schule mithalten, Kinder, die sonst im Bildungssystem auf der Strecke geblieben wären.

 

Das VfB-Fritzle gratuliert

Beim Jubiläumsfest am 21. Juni auf dem Gelände des VfL in Bad Cannstatt kamen nicht nur die aktuellen Lerntandems zum Spielen, Musizieren, Basteln und Feiern. Auch viele Ehemalige waren da und das VfB-Maskottchen Fritzle gehörte ebenfalls zu den Gratulanten. Das ausgelassene Fest ist ein Symbol dafür, dass es bei den Kinderhelden nicht nur um schulische Inhalte geht, sondern auch um Spiel und Spaß. Die Kinder sollen die Stadt entdecken, Sport treiben, in die Natur, ins Museum oder ins Theater gehen. Im Vordergrund stehen neben diesen Freizeitaktivitäten das Sprachprogramm und die Leseförderung. „Das ist in unserer Bildungslandschaft die Basis“, betont Kinderhelden-Geschäftsführer Ralph Benz. Auch bei deutschsprachigen Kindern sei das Leseverständnis oft nicht vorhanden: „Es gibt Familien, da findet man kein einziges Buch im Haushalt“, weiß Benz. Mit 14 Grundschulen kooperieren die Kinderhelden. Die Lehrkräfte schlagen das jeweilige Kind mit einem Förderbedarf vor und bei den Kinderhelden wird ein geeigneter Mentor oder eine geeignete Mentorin gesucht. Wichtig ist es, dass die Interessen und Hobbys zusammenpassen. „Basteln ist zum Beispiel ein großes Thema“, stellt Benz fest. Viele Kinder haben noch nie mit einer Schere und Klebstoff hantiert, andere haben noch nie ein Pony aus der Nähe gesehen oder sind noch nie aus ihrem Wohnquartier herausgekommen.

Der Förderbedarf für Kinder ist seit der Corona-Epidemie enorm gestiegen, denn die Klassen werden immer heterogener, berichtet Benz. Die Lehrkräfte können einzelne Kinder nicht mehr individuell fördern, weil in den großen Klassen so viele unterschiedliche Bedürfnisse vorhanden sind. Bei den Kinderhelden warten derzeit 83 Kinder auf ein einen Platz in einem Lerntandem. So viele zusätzliche Mentoren und Mentorinnen müssen jedoch erst einmal gefunden und für ihre Aufgabe vorbereitet werden. Dabei ist der zeitliche Aufwand für die Ehrenamtlichen ist überschaubar: Einmal pro Woche trifft sich das Tandem für zwei bis drei Stunden zum Lernen oder für gemeinsame Unternehmungen.

Gewinn für die Mentoren

Für den Verein wird über alle Aktivitäten ein Tagebuch geführt und das sechsköpfige Kinderheldenteam steht über die Schule und die Lehrkräfte regelmäßig in Kontakt mit den Kindern. „Denn um sie geht es ja. Sie sollen berichten“, betont Benz. Natürlich sind auch die Eltern gefragt, denn sie müssen der Förderung ihres Kindes zustimmen. Und was bekommen die Mentoren zurück? „Sie lernen ganz andere Lebenswelten kennen, lernen, komplexe Sachverhalte einfach zu erklären und das Schönste ist: Sie merken, wie sich ein Kind positiv entwickelt“, charakterisiert Benz die Benefits für den erwachsenen Part im Lerntandem.

Engagierte Helfer gesucht

Kontakt
Wer Interesse hat, sich bei den Kinderhelden in einem Lerntandem oder als digitaler Coach zu engagieren und mindestens 16 Jahre alt ist, findet weitere Informationen über alle Projekte und Möglichkeiten der Mitarbeit unter www.kinderhelden.info.