Immer wieder im August hat Stuttgart einen zusätzlichen Stadtbezirk – mit Polizisten, Journalisten, Köchen und sonstigen Bürgern: Die Kinderspielstadt Stutengarten hat am Montag zum elften Mal ihre Tore im Reitstadion am Neckarufer geöffnet.

Stuttgart - Es geht zu wie im richtigen Leben. Auch in der Kinderspielstadt Stutengarten muss man Schlange stehen, etwa bei der Bank, am Kaffeestand, der Würstchenbude oder Arbeitsagentur. Dort werden die Jobs vermittelt. In dem Stuttgarter Ferienangebot werden drei Wochen lang Sechs- bis Zwölfjährige nicht nur betreut. Jeweils 500 Kinder pro Woche üben, wie das tägliche Leben einer Stadt funktioniert: Sie üben Berufe aus, verdienen Geld – Stuggis –, gehen zu Ämtern und Ärzten, in diesem Jahr zahlen sie erstmals Steuern. Unter 72 Jobs haben sie die Wahl. Die Bandbreite der Arbeitgeber, respektive Stände reichen von Bäckerei, Kaffeeladen, Eisdiele, Nudelwerkstatt, Drogeriemarkt, Optiker, Schreinerei über Zahnarztpraxis, Bank und Versicherung, Polizei, Rathaus bis hin zu Juwelier, Architekturbüro, Werbeagentur oder allerlei Werkstätten für Papier, Ton, Mosaik, Nähen sowie Kunst. Echte Firmen unterstützen das Projekt mit Waren oder eigenen Azubis.

 

Noch niemand ohne Bürgerausweis wurde gefunden

„Ich will ins Fotostudio“, schwärmt Karlotta. Neuling Mathis würde alles machen, „nur nicht in den Blumenladen“. Seine Freunde Paul und Max wollen zur Zeitung. Ihre „Kollegen“, die schon fürs Pressehaus Stuttgart arbeiten, sind dran an einer spannenden Story. „Wir waren bei den Polizisten, haben sie nach Rang, Alter und Aufgabe gefragt“, so der neunjährige Nicolaus. Der gleichaltrige Michael ergänzt: „Es wird ein Porträt!“ Währenddessen sind andere Polizisten am Kontrollieren. Noch niemand ohne Bürgerausweis wurde bisher gefunden. „Wir suchen auch Falschgeld und Schwarzarbeit“, so das Zwillingspaar Benjamin und Julia unisono. Darauf stehen Strafen, wie im Polizeipräsidium zu erfahren ist: Schwarzarbeiter müssen 50 Prozent des Gewinns vom Vortag abgeben, Diebe berappen fünf Stuggis, so die Währung der Stadt.

In den Zelten von Unicef und Stuttgart International indes war alles in Ordnung. Letzteres wird von Gästen bespielt. Die Geflüchteten Qazi und Nimatullah, die mithalfen Stutengarten aufzubauen, werden in dieser Woche afghanische Folklore zeigen und in der Küche Spezialitäten wie Kabuli Palaw kochen. „Vegetarisch mit Reis und Karotten“, so Qazi. Die Spanierin Maria wird ihre Kultur vorstellen, zum Auftakt haben bereits die Tschechinnen Aneta und Sara Trachten und Tänze vorgeführt. „Und jeden Samstag ist Stadtfest“, betont Projektleiterin Ulrike Weinz. „Jeder kann kommen, Darbietungen genießen und seine Euros in Stuggis umtauschen.“