Auch in der Politik, auch im Fernsehen darf man nicht alles sagen, was man will

Stuttgart - Wenn sich Kinder streiten, dann geht es oft ziemlich zur Sache. Dann wird nicht mehr nett und freundlich miteinander geredet, dann werden auch böse Wörter benutzt. Solche Wörter, die dem anderen richtig wehtun. Wenn Eltern oder Lehrer mitbekommen, dass ein Kind ein anderes übel beleidigt, setzt es nicht selten eine saftige Strafe. Man kann einen Menschen eben nicht nur durch Schläge verletzen, sondern auch durch Sprache. Und manchmal schmerzen solche Beschimpfungen stärker und länger als ein blauer Fleck. Vor allem dann, wenn ganz viele diese Beschimpfung mitbekommen haben.

 

In der Welt der Erwachsenen, vor allem in der Welt der Politik, ist das nicht anders. Auch da wird oft heftig gestritten, auch da fällt oft ein böses Wort. Aber auch da kann es Strafen geben. Wer sich beleidigt fühlt, kann gegen den Beschimpfer klagen. Wenn ein Gericht feststellt, dass wirklich eine unzulässige Beleidigung vorliegt, verhängt es meist eine Geldstrafe. In ganz schlimmen Fällen muss der Beleidiger sogar ins Gefängnis. Aber dann muss es sich wirklich um eine sehr, sehr schlimme Beleidigung handeln.

Im Moment gibt es große Aufregung in der Politik, weil sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan durch einen Fernsehauftritt des deutschen Moderators Jan Böhmermann beleidigt fühlt. Böhmermann hat tatsächlich schlimme Sachen über Erdogan gesagt. Doch dieser Fall ist viel, viel schwieriger zu bewerten, als wenn ein Herr Böhmermann einem Herrn Erdogan auf der Straße dieselben bösen Worte entgegengeschleudert hätte. Was Jan Böhmermann in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ macht, ist Satire: Er macht sich also bewusst lustig über Politiker, um deren Tun zu entlarven und zu kritisieren. Beim türkischen Präsidenten Erdogan gibt es jede Menge zu kritisieren. Obwohl die Türkei eine Demokratie ist, führt sich Erdogan manchmal auf wie ein Sultan – also wie ein Herrscher, der möglichst viel Macht in den eigenen Händen halten will, der keine Widerworte duldet und der keine unabhängigen Journalisten will.

Eine derbe Sprache, auch der Gebrauch von Ausdrücken, die man im direkten Gespräch wohl nie benutzen würde, gehören zur Satire. In solchen Fällen sind die Grenzen dessen, was man sagen darf, nicht so eng wie zwischen Privatleuten. So sagt es das Gesetz. Jetzt hat Jan Böhmermann aber einen echten Präsidenten aufs Korn genommen, das Oberhaupt eines anderen Staats. Die wiederum sind vor Beleidigungen besonders geschützt. Das sagt ein anderes Gesetz. Ein kniffliger Fall also, über den vermutlich auch ein Richter entscheiden wird.