Der Regisseur Gore Verbinski führt uns in eine Klinik für Begüterte, in der die Patienten nicht unbedingt gesünder werden. Aber er übertreibt es ein wenig mit den Horrormotiven in seinem teils auf Burg Hohenzollern gedrehten Film. Und er findet einfach kein Ende.

Stuttgart - Wer die Welt aus der Hochseilperspektive seiner kriminellen New Yorker Finanzmaklerfirma kennt, kann sich mit dem gewöhnlichen Dasein gewiss nicht mehr anfreunden. Denkt sich der junge Börsenlaffe Lockhart (Dane DeHaan), der es also für ein Leichtes hält, einen nicht alltäglichen Auftrag auszuführen. Er soll einen der Chefs der Firma, der sich in einem Schweizer Sanatorium aufhält und von dort seltsame Briefe schickt, nach New York zurückbringen. Die Firma braucht dringend ein paar Unterschriften, um höchst unangenehmen Sanktionen durch die Börsen- und Finanzaufsicht zu entgehen. Und der Aussteiger, denkt sich Lockhart, braucht gewiss die knisternde Elektrik der Vermögenserwirtschaftung.

 

Aber diese Schweiz, in der sich die Klinik des ominösen Dr. Volmer (Jason Isaacs) befindet, ist anders als die reale Schweiz ganz weit weg von den Hochgeschwindigkeitsströmen des internationalen Zockerwahnsinns. Hier strömt etwas anderes, Dr. Volmer würde behaupten, es sei heilende Energie, vor allem die heilende Energie des Wassers. Beim Zuschauer von Gore Verbinskis „A Cure for Wellness“ allerdings wallt nun Schadenfreude auf. Horden kurbedürftiger Wirtschafts- und Finanzgrößen schlurfen hier mit seltsam ranzig wirkender Seligkeit in Einheits-Frotteeklamotten umher, spielen Federball, legen Puzzles und warten ihre Behandlungen ab. Das Ganze wirkt eher wie eine mit dünnster Freundlichkeitstünche halblebig überkleisterte Strafkolonie denn wie ein Dienstleistungszentrum für Superreiche.

Schwuppdiwupp im Krankenbett

Auf das Drehbuch pfeift man früh, es sind die Bilder, die einen faszinieren, das Gruseldesign der Klinik zwischen altväterlichem Lungenhospital und stalinistischem Umerziehungslager. Lockhart pocht zwar kurz mal auf seine Rechte als Geschäftspartner eines Klinikkunden, will sich über Schwestern, Ärzte, Hausordnungen, bizarre Rituale hinwegsetzen. Aber schwuppdiwupp liegt er selbst mit einem Gipsbein im Bett und wird dem Reglement unterworfen, Opfer eines seltsamen Unfalls, den uns die Kamera als eine Art Höllenfahrt zeigt.

Gedreht wurde unter anderem auf Burg Hohenzollern und in deutschen Studios, was wunderbar zum Verdacht passt, die Klinik sei ganz und gar keine Heilanstalt, sondern Kulisse von etwas Fieserem. Immer wieder liest man nun, Verbinski („Piraten der Karibik“) lässt sich den Hinweis gern gefallen, „A Cure for Wellness“ sei von Thomas Manns „Der Zauberberg“ inspiriert. Diese Bezüge sind allerdings sehr oberflächlich. Viel inniger ist diese Schau des Makabren mit den Horrorfilmen der britischen Hammerstudios aus den fünfziger und sechziger Jahren verwandt.

Draculas Wellness-Zentrum

In den Hammer-Filmen, auch denen der „Dracula“-Reihe mit Christopher Lee, wurde kontinentaleuropäische Folklore zur Fassade des Schreckens, bargen alte Gemäuer nicht überwundene Schrecken der Vergangenheit, war Forschung eine Form des Wahns. All das taucht in „A Cure for Wellness“ auf, wir identifizieren Volmer als verrückten Wissenschaftler, wir erkennen das Vampirmotiv, das umherwabert, weil etliche Patienten immer kränker werden und im Wellness-Zentrum offenbar von obskuren Mächten nach unklaren Methoden angezapft statt aufgeladen werden.

Das Zitatespiel macht als Karneval der Horrormotive mit schön gemalten Masken Spaß, bis Verbinski den Bogen überdehnt. Er findet kein Ende, ruiniert jede Spannung, will immer noch ein Motiv ausprobieren. Die Ironie ist da längst totgeritten, die Unlogik schlägt Purzelbäume, die Bilder werden von gar nichts mehr getragen. Am Ende fühlt man sich nach anfänglicher Erheiterung ein wenig wie die Patienten: müder und schwächer als zuvor.

Sehen Sie hier den Trailer zu „A Cure for Wellness“:

A Cure for Wellness. USA, Deutschland 2017. Regie. Gore Verbinski. Mit Dane DeHaan, Mia Goth, Jason Isaacs, Ivo Nandi, Adrian Schiller. 147 Minuten. Ab 16 Jahren.