Tragikomisch treiben Josef Hader und Hannah Hoekstra durch Amsterdam und hinterfragen Suizid-Motive.

Stuttgart - In Amsterdam möchte der kranke Arthur aus dem Leben scheiden – weil es in seiner Heimat Österreich wie in Deutschland auch keine Sterbehilfe gibt. An seinem letzten Abend im Hotel fühlt er sich durch brüllend lauten Death Metal aus dem Nachbarzimmer gestört, dessen Bewohnerin Claire sich als Gleichgesinnte entpuppt. Sie hat einen Berg Schlaftabletten auf dem Nachttisch und lässt die Badewanne vollaufen, weil sie nicht über die fatalen Folgen eines Unfalls hinwegkommt, der ihr Leben zertrümmert hat.

 

Diese beiden sehr ungleichen Lebensmüden beginnen nun, sich aneinander abzuarbeiten. Sie umkreisen einander, erzählen ihre Geschichte, hinterfragen ihre Motive, streiten und vertragen sich, finden zu einer platonischen Verbindung, die bald stärker erscheint als der Tod. Diese Entwicklung gestaltet der Regisseur Miguel Alexandre ausreichend glaubwürdig, indem er sich auf seine Protagonisten konzentriert vor Amsterdamer Grachtenkulisse mit Restaurants, Coffeshops und Bars.

Schmunzeln ist erlaubt

Die Schauspieler gehen auf Augenhöhe ins Duell der Lebenskrisen. Der Österreicher Josef Hader (56) hat als verwahrloster Privatdetektiv Brenner geglänzt und zuletzt als Exil-Literat Stefan Zweig, in der Rolle des notorischen Grantlers Arthur nun spielt er seine ganze sarkastische Menschheitsverachtung aus, die ihn auch auf der Bühne beflügelt. Allerdings begegnet Hader, der als auch Drehbuchautor fungierte und ein Theaterstück adaptiert hat, dem Thema mit gebührender Ernsthaftigkeit. Schmunzeln ist trotzdem erlaubt: „Wenn du vom Baum erschlagen wirst, ist das auch pflanzlich“, sagt Arthur zur Veganerin Claire, die unter ihrem „schrecklichen Rudi-Carrell-Akzent“ leidet.

Arthur ist permanent anzumerken, wie schwer er an seiner Suizid-Entscheidung kaut. Er macht keine Kompromisse mehr, pfeift im Flugzeug ein nerviges Kind an und entlarvt an der Hotelrezeption sinnfreien Smalltalk. Die Niederländerin Hannah Hoekstra (31) hält ihre Figur konsequent im Zwiespalt: Die pralle Lebenslust, die diese kluge und attraktive junge Frau eigentlich verströmen müsste, ist die ganze Zeit über spürbar, während sie an ihrem unversöhnlichen Selbsthass verzweifelt. Hoekstra ist schon im Drama „Hemel“ (2012) aufgefallen als einsame Halbwaise, die vergeblich Erlösung sucht durch Bettgeschichten. Die zerrissene Claire nun gibt sie gänzlich unverstellt. Kippt ihre Stimmung, ist der Prozess deutlich in ihrem Gesicht ablesbar.

Die weitgehend kitschfrei vorgetragene Lebenswert-Botschaft mag vorhersehbar sein, tröstlich ist sie dennoch: Wer möchte, kann immer einen Grund finden, doch noch ein paar Tage dranzuhängen.