Der Südkoreaner Park Chan-wook inszeniert in seinem Film „Die Taschendiebin“ eine Intrige, die an der Liebe scheitert.

Stuttgart - Als Waisenkind aufgewachsen, wurde Sookee seit frühester Kindheit von ihrem kriminellen Ziehvater auf Taschendiebstähle trainiert. Der plant nun seinen größten Coup: Als Graf Fujiwara will er die Gunst der schönen Lady Hideko erschleichen, um an deren Erbe zu kommen. Hideko lebt mit ihrem dominanten Onkel in einem riesigen Haus, dessen Herzstück eine Bibliothek voll erotischer Literatur bildet, aus der sie auf Geheiß des Onkels zahlungskräftigen Herren vorlesen muss. Als Kammerzofe getarnt, soll Sookee sich bei ihr einnisten. Doch die kleine Diebin verliebt sich in ihre schöne Herrin.

 

Was das erotisch aufgeladene Drama „Die Taschendiebin“ so besonders macht, ist der Perspektivwechsel, mit dem Regisseur Park Chan-wook das zweite von insgesamt drei Kapiteln einleitet. Hier ist deutlich seine Handschrift erkennbar, schon in seinem Rachethriller „Oldboy“ (2003) bediente er sich ähnlicher Techniken. Basierend auf einem Roman von Sarah Waters (auf Deutsch: „Solange du lügst“), tauscht er das viktorianische England der Vorlage gegen das unter japanischer Regentschaft stehende Korea der dreißiger Jahre aus.

Selbst das Entgraten eines Zahns gerät zum erotischen Höhepunkt

Das Anwesen, in dem die Geschichte spielt, verbindet europäische und japanische Architektur und verleiht dem Film so einen universellen Charakter. Die Szenenbildnerin Ryu Seong-hee hat ganze Arbeit geleistet, Parks langjähriger Kameramann Chung Chung-hoon setzt alles in prächtige Cinemascope-Bilder. In den ausladenden Gemächern hinter den Mauern choreografiert Park den Liebesakt der beiden Protagonistinnen; Selbst das Entgraten eines Zahns mit Hilfe eines Fingers gerät da zum erotisch knisternden Höhepunkt.

Die Liebe dieser Frauen, die am Ende nicht nur dem falschen Grafen, sondern auch dem perversen Onkel einen Strich durch die Rechnung macht, wird in asiatisch epischer Breite erzählt. Nach westlichen Sehgewohnheiten kann sie als etwas lang empfunden werden. Irritierend, doch typisch für Park Chan-wook, ist auch die explizite physische Gewalt, die im Kontext dieses Films leider etwas aufgesetzt wirkt.