Die von manchen sehnlich erwartete Fortsetzung der Peitschenschnulze „Fifty Shades of Grey“ ist im Kino gestartet. Diesmal wagt sich Dakota Johnson als Anastasia weiter ins Sadomaso-Reich. Aber die Bilder bleiben immer noch halbwegs züchtig.

Stuttgart - Duplizität der Ereignisse: Der große Aufreger der Berlinale des Vorjahres war „Fifty Shades of Grey“. Einen Tag vor Kinostart feierte die Adaption des ersten Teils von E. L. James’ Erotik-Bestsellertrilogie, die sich weltweit angeblich über 100 Millionen Mal verkauft hat, im Zoo Palast ihre Weltpremiere. Um die sadomasochistische Beziehung zwischen der Literaturstudentin Anastasia Steele und dem Milliardär Christian Grey kreist der simple Plot, nach rund einer Stunde Vorspiel – man lernt sich bei einem Interview kennen, taxiert sich, kommt sich näher – geht’s zur Sache. Die Hüllen fallen, Kabelbinder, Handschellen und Peitschen werden ausgepackt. Das klingt schlimmer als es ist, denn zu sehen bekam man elegante, flüssig fotografierte, auf der Sprachebene zuweilen unfreiwillig komische Liebe-und-Hiebe-Unterhaltung, die an gepflegte Dessous-Werbung erinnerte.

 

Nun, zwei Jahre später, schreiten wieder Stars und Prominente über den Berlinale-Teppich, und im Kino läuft bundesweit die Fortsetzung „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“ an. „Lass die Vergangenheit los, nächsten Valentinstag wird geheimes Verlangen zu gefährlicher Liebe“, wirbt der Trailer. „Was willst du, Anastasia?“, fragt der immer noch formschöne, scheinbar nicht gealterte Beau. „Keine Regeln. Keine Bestrafungen. Keine Geheimnisse“, erwidert das Objekt der Begierde.

Zeit zum Niedersinken

Ana hat einen neuen Job bei einem Verlag angenommen. Als Assistentin des Cheflektors, der ihr (natürlich) bald an die Wäsche will. Sie stürzt sich in ihre Arbeit, um Christian zu vergessen. Doch dieser will sie unbedingt zurückgewinnen. Mit einem Riesenstrauß weißer Rosen, mit viel Geld und unbezwingbarem Charme. So dauert es auch nicht lange, bis sie wieder wohlig seufzend darnieder sinkt – nach rund 15 Minuten kommt es zur ersten Bettszene.

Kamera (John Schwartzman) und Schnitt (Richard Francis-Bruce) bleiben züchtig über der Gürtellinie, ab und zu erhascht man einen kurzen Blick der entblößten Brüste von Dakota Johnson („Need for Speed“), der Tochter von Melanie Griffith und Don Johnson. Für die weibliche Klientel wird immer wieder der Sixpack von Model Jamie Dornan ins rechte Licht gerückt. Seine körperlichen Vorzüge stellt Dornan mittels virtuoser Klimmzüge im heimischen Fitnessraum mit Blick über die Bucht von Seattle zur Schau. James Foley („House of Cards“) hat die Regie von Sam Taylor-Johnson übernommen, das Skript hat TV-Routinier Niall Leonard („Hautnah – Die Methode Hill“) verfasst. „Harter Sex oder Liebe“ lautete die Frage beim ersten Teil, diesmal wird erkundet, ob der bekennende Sadist zur wahren Liebe fähig ist.

Das wird ihn nicht unbedingt leicht gemacht, denn Ms. Steele lässt sich inzwischen gerne mal die Hände fesseln und den Popo versohlen. Was dann beim Gang ins feuerrot tapezierte „Spielzimmer“ via Soundtrack gleich bestätigt wird: Halsey singt „I’m not afraid anymore“.

Blümchensex und Seglerknoten

Angst vor zuviel SM müssen die Zuschauer nicht haben, knapp und dosiert sind die entsprechenden Szenen einmontiert. Das Werk entspricht eher der „Blümchensexbeziehung“, die sich die Heldin wünscht. Hilfreich ist dabei das Vermögen des Lovers, der selbstverständlich eine Yacht besitzt, womit erklärt wird, warum er sich so gut aufs Knüpfen von Knoten versteht. Obendrein wird noch kurz erklärt – ein bisschen Vulgärpsychologie muss sein – warum Christian so geworden ist, wie er ist. Dies ermöglicht der weit unter Wert besetzten Oscar-Preisträgerin Kim Basinger einen Kurzauftritt, die als „Mrs. Robinson“ den jungen Mr. Grey einst auf seine sexuellen Vorlieben gebracht hat.

Der Hype, das gute Marketing und clever platzierte Songs machen diese Produktion primär aus, die in allen handwerklichen Belangen glatt umgesetzt ist und durch das sympathische Spiel der gerne zu kräftig geschminkten Johnson gewinnt. Von der Drastik, die Lars von Triers vergleichbarer „Nymphomaniac“ ausmachte, ist nichts zu spüren. Eher erinnert man sich an „Striptease“ oder „9 1/2 Wochen“.

Einen Skandal wird es also auch diesmal nicht geben. Anastasia erniedrigt sich nämlich viel emanzipierter als ihre Vorgängerin und Kollegin Corinne Cléry im Softporno-Meilenstein „Die Geschichte der O“. Feministinnen erboste der 1975 so sehr, dass sie Stinkbomben warfen und auf Kinosessel pinkelten. Der Film wurde dennoch ein Hit – wie wohl auch dieser. Der rund 40 Millionen Dollar teure Vorgänger spielte weltweit 571 Millionen ein.

Sehen Sie hier den Trailer zu „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“:

Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe. USA 2017. Regie: James Foley. Mit Dakota Johnson, Jamie Dornan, Eric Johnson, Kim Basinger, Marcia Gay Harden. 115 Minuten. Ab 16 Jahren.