Die Sowjetunion und die USA lieferten sich in den Fünfzigern und Sechzigern ein erbittertes Wettrennen um die nächsten Pionierleistungen im Weltall. Der Kinoneustart „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“ erzählt schwungvoll, wie schwarze Frauen zum Sieg der Nasa beitrugen.

Stuttgart - Wer komplexe Rechnungen anstellen muss, braucht einen klaren Kopf. Also auch Kaffee. Im innersten Heiligtum der Nasa, die Amerikas Grenzen ins Weltall erweitern soll, stehen im Spielfilm „Hidden Figures“ gleich zwei Kaffeemaschinen. Der Grund dafür ist schändlich, denn es geht nicht um zwei Bohnensorten oder Filtermethoden.

 

Der Wettlauf der USA und der Sowjetunion ist Anfang der Sechziger in vollem Gange. Die Russen haben bereits einen Menschen in die Erdumlaufbahn gebracht, die Amerikaner bekommen ihre Raketen nicht in den Himmel. Was das bedeutet, sieht man hier am Gesicht und der Körperspannung von Kevin Costner. Der spielt den Projektleiter Al Harrison, der einen Stab der mathematisch ausgefuchstesten Kerle befehligt, die komplexe Berechnungen zu Schubkräften, Bahnkurven und Umlenkpunkten anstellen müssen. Und daran scheitern. „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“ schildert das Rennen ums Weltall aber nicht noch einmal als Leistungsschau weißer Männer. Radikal verändert er die Perspektive und erzählt von doppelt fremden Eindringlingen in die weiße Sphäre, von afroamerikanischen Frauen. Als eine von ihnen in Harrisons Gruppe kommt, wird eine mickrigere Kaffeemaschine „für Farbige“ aufgestellt.

Drei besondere Frauen

In dieser Welt der frühen Sechziger heißen nicht nur die noch lastergroßen Elektronengehirne Computer. Das ist auch noch eine Jobbezeichnung für menschliche Rechenkräfte, die – schwarz und weiblich – von den Herren hier nicht einmal als Maschinen wahrgenommen werden. Sie sitzen ganz woanders, zusammengepfercht. Der von Theodore Melfi („St. Vincent“) schwungvoll, pointiert, von keckem Musikeinsatz unterstützte Film „Hidden Figures“ konzentriert sich auf drei ganz besondere schwarze Frauen, gespielt von Taraji P. Henson, Octavia Spencer und Janelle Monáe, die weit über ihre Jobgrenzen hinauswachsen und denen gelingt, woran die weißen Männer scheitern.

Ob das mit einem irrsinnig umständlichen Weg zur Apartheidstoilette illustriert wird oder mit den giftig indignierten Blicken bei direkter Begegnung mit den weißen Chefs – „Hidden Figures“ macht den Wahnsinn der Ausgrenzung sehr sinnlich erfahrbar.

Altmodisch ermutigend

Aber dies ist kein bitterer Film, der das Damals anklagt, um gallig eine Verlängerungslinie ins Heute zu ziehen und zu zeigen, dass sich noch nicht genug geändert habe und dass es unter dem Ansturm der neuen Ultrarechten gesellschaftlich wieder rückwärts gehe. Nein, dies ist ganz altmodisch ein Ermutigungsfilm, ein Denkmal und die dazugehörige Einweihungsfeier auf einmal, ein Film der doppelten Freude über das Geleistete und über die Tatsache, dass dieses Geleistete nicht vergessen gemacht werden konnte, dass es ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückkehrt.

Das schwarze Selbstbewusstsein hier, das souveräne Herzeigen von Können und einstiger Missachtung, ist in den USA bereits mehrfach als ein letztes Leuchten der Obama-Ära identifiziert worden. In Trumps Amerika, so die Deutung, wäre dieser für drei Oscars nominierte Film ganz anders geraten.

Sehen Sie hier den Trailer zu „Hidden Figures“:

Hidden Figures. USA 2016. Regie: Theodore Melfi. Mit Taraji P. Henson, Octavia Spencer, Janelle Monáe. 127 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.